Heiner Backhaus zeigt es seinen Kritikern! Aachen auf Aufstiegskurs 3. Liga
Aachen - Heiner Backhaus (41) genießt im Fußballosten einen eher zweifelhaften Ruf als Wandervogel, der seine Klubs häufiger wechselt als seine Unterhosen. Bei seiner neuesten Station - Alemannia Aachen - vollbringt der Fußballtrainer aber gerade eine Meisterleistung.
Es war ein Aufschrei, als sich Anfang September Heiner Backhaus und der BFC Dynamo trennten. Mitten in der Saison, nach einem mehr als passablen Saisonstart.
Backhaus wurde wenig später als Trainer des ambitionierten Regionalligisten Alemannia Aachen vorgestellt. Heftige Störgeräusche waren zu vernehmen, Kritiker sahen sich bestätigt - wieder einmal verlässt Backhaus einen Klub nach kurzer Zeit.
Je nach Zählweise stehen in seiner Vita als Seniorenspieler sage und schreibe 20 Vereine, als Herren-Trainer ist Aachen seine bereits sechste Station. Und seine mit Abstand erfolgreichste!
In 15 Pflichtspielen kommt er durchschnittlich auf 2,53 Zähler, was für eine Bilanz!
Allein durch die unter Backhaus eingefahrenen 32 Punkte in der Liga liegt Aachen zur Winterpause wieder in Tuchfühlung zum Überraschungs-Ersten 1. FC Bocholt, der Rückstand beträgt nur noch zwei Zähler. Zwischenzeitlich waren es mal zehn.
Auch im Mittelrhein-Pokal überstand man zwei weitere Runden, steht im Viertelfinale.
Alemannia Aachen hängt seit elf Jahren in der Regionalliga West fest
Was für Außenstehende angesichts der Größe und Tradition eines Klubs wie Aachen (2006/07 Bundesliga) selbstverständlich erscheint, ist es wahrlich nicht.
Aachen ist in der elften Saison Dauergast in der vierten Liga, rief vor der Saison offensiv den Aufstieg als Ziel aus - und trennte sich nach verpatztem Saisonstart am vierten Spieltag von Trainer Helge Hohl (32).
Backhaus übernahm und brachte Aachen auf Kurs - wie hat das der impulsive Trainer mit dem markanten Bart geschafft?
"Du musst schon sehen, dass du Klebstoff zwischen den Spieler kriegst", erklärte Backhaus nach dem letzten Ligaspiel des Jahres bei den Podbolzern. Was er meint: Die Summe toller Einzelspieler - Aachen hat den teuersten Kader aller Erstvertretungen der West-Staffel - macht noch keine Mannschaft.
"Ich glaube, dass Offensive immer die beste Defensive ist [...] gerade meine Stürmer vorne müssen halt pressen." "Alemannia steht für Attacke, Spektakel" führt Backhaus aus.
Bester Beweis: Das 4:3 im Spitzenspiel Wuppertal mit drei verwandelten Freistößen.
Tivoli als Kult-Spielstätte - Aachen hat Zuschauerzahlen wie mancher Zweitligist
Außerdem sind die Fans ein Faustpfand, die Backhaus mit seiner direkten Ansprache, Energie und der Spielweise wieder abgeholt hat. In Wuppertal, dem vor der Saison ärgsten Aufstiegskonkurrenten, waren mehr Aachen-Anhänger im Stadion als Heimfans.
In den heimischen Tivoli kommen diese Spielzeit im Schnitt sogar 13750 Positiv-Bekloppte - mehr als bei Zweitliga-Herbstmeister Holstein Kiel.
Backhaus: "Der entscheidende Spieler bei uns sind unsere Fans. Also wir spielen ja permanent mit einem Mann mehr zu Hause und auswärts mindestens mal mit einem halben Mann mehr."
Als am ersten Spieltag es gegen Wuppertal ging, war der Tivoli nahezu ausverkauft: 27300 Zuschauer fanden den Weg in den Aachener Fußballtempel.
Sollten die Alemannia unter Backhaus am letzten Spieltag die Chancen haben, wieder in den Profifußball zurückzukehren, dürfte der Tivoli bis auf den letzten der 32.960 Plätze ausverkauft sein.
Titelfoto: Bildmontage: IMAGO / Klumpen Sportfoto