Zugunfall bremst keinen "Kaiser": Erstmals beinamputierter Fußballer bei Pflichtspiel im Einsatz
Dormitz/Brand - Es war 2007, als sich das Leben für Pierre Kaiser (35) radikal ändern sollte. Bei einem Zugunfall verlor der heute 35-Jährige sein rechtes Bein. Am Wochenende wurde er ganz klar zu einem Vorbild für andere.
Als erster einbeiniger Spieler hatte er eine Spielberechtigung beim Bayerischen Fußball-Verband (BFV) für den regulären Spielbetrieb beantragt. Und stand am Sonntag erstmals auf dem Platz.
Und konnte sogar doppelt jubeln: Bei der A-Klassen-Partie zwischen der SG Dormitz Brand II und der Reserve des TSV Behringersdorf gewann er dank eines späten Treffers der Hausherren mit seinen Teamkollegen 2:1.
Dass es aber überhaupt so weit kommen konnte, ist vermutlich dem Nachbarn des 35-Jährigen zu verdanken.
"Martin Jäger, der bei uns das Tor hütet, hat immer wieder bei mir angeklopft und nicht lockergelassen, bis ich mich schließlich bereit erklärt habe, einmal im Training vorbeizuschauen", so der Fußball-Pionier mit dem fast schon passenden Nachnamen Kaiser.
"Die Reaktion der Spieler, die mir einen unglaublich herzlichen Empfang bereitet haben, hat dann dazu geführt, dass ich geblieben bin. Ich war sofort Teil des Teams und habe mich nicht eine Sekunde wie ein Spieler mit Handicap gefühlt."
BFV-Vorsitzender war "sofort Feuer und Flamme"
Mit Krücken über den Platz laufen – ob das wohl beim BFV überhaupt Anklang findet? Diese Sorge trieb den beinamputierten Sportler natürlich um. Er stellte trotzdem einen Antrag – mehr als Nein sagen könne man ja schließlich nicht.
Doch das Gegenteil sollte der Fall sein: Beim mittelfränkischen Bezirksvorsitzenden Uwe Mauckner habe Kaiser gleich einen Verbündeten gefunden: "Er war sofort Feuer und Flamme und hat alles in die Wege geleitet – wofür ich sehr dankbar bin."
Bereits 2011 hatte Kaiser einen Amputierten-Fußball-Lehrgang gemacht und schloss sich danach der Amputierten-Fußball-Mannschaft "Anpfiff Hoffenheim" an. Dass er irgendwann bei den Zweibeinigen spielen würde, hatte er damals wohl nicht gedacht.
Aber schon damals habe er festgestellt, dass viele Sachen – trotz der Unfallfolgen – überhaupt nicht aus seinem Leben verschwinden müssen: "Ich habe schnell gemerkt, dass Dinge wie beispielsweise Fahrradfahren auch mit einem Bein funktionieren", wird er vom BFV zitiert.
Und nun sollte sich das auch beim Kicken auf dem Rasen erneut bewahrheiten. Passend. Heißt ja schließlich auch Fußball – und nicht Füßeball.
Titelfoto: Philipp Schmatloch/BFV/dpa