Mit "Stasi F.C." auf Fußball-Zeitreise! Warum Ihr diesen Film sehen solltet

Dresden - Es geht nicht nur um Fußball. Und genau das macht den Film "Stasi F.C." sehenswert. Er ist ein Lehrstück deutscher Geschichte, jeder Schüler sollte ihn anschauen. Die 95 Minuten geben den Zeitgeist rund um den am meist gehassten DDR-Fußballklub, den BFC Dynamo, eindrucksvoll wider. Dynamo-Idol Ralf Minge sprach dazu am Freitag im Cineplex Kristallpalast.

Sprach im Cineplex Kristallpalast über den Profifußball zu DDR-Zeiten: Dynamo Dresdens Legende Ralf Minge (64).
Sprach im Cineplex Kristallpalast über den Profifußball zu DDR-Zeiten: Dynamo Dresdens Legende Ralf Minge (64).  © Steffen Füssel

Die Schwarz-Gelben waren in den 70er Jahren der Verein in der DDR, wurden dreimal in Folge Meister. "Dann stürmte Erich Mielke in unsere Kabine und sagte, wir hätten unsere Erfolge gehabt. Jetzt sei der BFC dran. Ab dem Moment wusste ich, wir holen keinen Titel mehr."

Der Satz kam von Gerd Weber, einer der Haupt-Protagonisten des Streifens. Der 68-Jährige erzählt seine Geschichte tränenreich, als er, Peter Kotte und Matthias Müller am 24. Januar 1981 kurz vorm Abflug der Nationalmannschaft nach Südamerika abgeführt und nach Dresden gebracht wurden - Verdacht auf Landesverrat. Was der Film nicht erzählt: Weber war selbst jahrelang "IM". Mielke war nicht nur Chef des Ministeriums für Staatssicherheit, der Stasi, sondern auch der größte Fan des BFC.

Er verhalf mit zu zehn Meistertiteln in Folge - von 1979 bis 1988. Um diese Jahre, Titel und viele deutsch-deutschen Ereignisse dreht sich der Film. Der Verein bekam, was er wollte. Talente zum Beispiel. Ex-Aue-Trainer Falko Götz war einer davon. Die Talente wurden delegiert, nicht abgeworben wie heute.

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"Wenn es einen Spieler gab, den Mielke wollte, wurde dem Jungen gesagt: 'Nach dem Sommer wirst du für den BFC spielen, und wenn du es nicht tust, ist das das Ende des Wettkampfsports für dich'", sagt der gebürtige Vogtländer.

Er gehörte zu Mielkes Vorzeige-Athleten - bis er am 3. November 1983 gemeinsam mit seinem Kumpel und Mannschaftskollegen Dirk Schlegel bei einem Europapokalspiel bei Partizan Belgrad das Weite suchte. Von da an war er ein Vaterlands-Verräter.

Die Steifigkeit der BFC-Spieler im Beisein von Erich Mielke (†92, r.) ist nicht nur hier zu sehen, sondern auch im Film.
Die Steifigkeit der BFC-Spieler im Beisein von Erich Mielke (†92, r.) ist nicht nur hier zu sehen, sondern auch im Film.  © Imago

"Stasi F.C." in Dresdner Kristallpalast vorgestellt

Falko Götz (beide 63, l.) und Dirk Schlegel bei der Premiere des Films in Köln. Beide spielten beim BFC, flüchteten gemeinsam im November 1983 in den Westen.
Falko Götz (beide 63, l.) und Dirk Schlegel bei der Premiere des Films in Köln. Beide spielten beim BFC, flüchteten gemeinsam im November 1983 in den Westen.  © IMAGO/Breul-Bild

Auch etliche DDR-Schiedsrichter beteiligten sich an der Bevorteilung des BFC. "Um ehrlich zu sein, war ich verlegen über das, was auf dem Platz vor sich ging. Niemand wollte so gewinnen", sagt Götz.

Daher war Berlin auch nur national top: "Ich hatte Teamkollegen, die 50 Länderspiele für die DDR gespielt hatten, als sie 23 Jahre alt waren, aber nur acht Europapokalspiele absolviert hatten, weil wir die erste Runde nie überstanden", so Götz.

Er kann zumindest sagen, dass er die Republikflucht überlebte. Das war nicht allen beschieden. Lutz Eigendorf zum Beispiel. Er floh 1979, war Mielkes Liebling. Zwei Jahre später starb Eigendorf bei einem Autounfall.

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"Ich kann nicht sagen, was wirklich passiert ist, denn es gibt viel Raum für Spekulationen. Aber es steht außer Frage, dass die Stasi dazu in der Lage war", sagt Götz im Film. Ralf Minge hätte in den 80er Jahre auch locker Bundesliga spielen können, aber: "Ich habe nie an Flucht gedacht. Ich hatte Familie", sagt der 64-Jährige: "Sie ist mir das Wichtigste." Dass auch er von der Stasi beobachtet wurde, ahnte er. Nach dem Mauerfall kam die Gewissheit.

Gerd Weber (68) ist einer der Haupt-Protagonisten des Films "Stasi F.C.".
Gerd Weber (68) ist einer der Haupt-Protagonisten des Films "Stasi F.C.".  © Imago/Andre Lenthe

Auf die Frage, ob er wisse, wie viele ihn bespitzelt haben, schluckt er und sagte dann die Zahl: "26! Das zu lesen, da habe ich gebraucht, um das zu verarbeiten."Das hat auch Götz gemacht. Seine Akte ist ebenfalls dick, wurde selbst im "Westen" beschattet.

"Ich fand zum Beispiel den Weg vom Stadion zu meinem Haus in Leverkusen. Der Arm der Stasi war lang. Das hat mir Angst gemacht." Und nicht nur ihm.

Titelfoto: Steffen FüsselSteffen Füssel

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