WM 2022: Iranische Revolutionsgarde droht Trainer sowie Team mit Gefängnis und Folter

Katar - Nach dem geschlossenen Boykott der eigenen Nationalhymne durch die iranische Fußballnationalmannschaft, wurden Trainer und Spieler Insider-Informationen zufolge von der eingeflogenen iranischen Revolutionsgarde konfrontiert.

Sie wollten die Stimme ihres unglücklichen Volkes sein - und schwiegen während der Nationalhymne. Die solidarische Geste der iranischen Nationalmannschaft soll zu Konsequenzen geführt haben.
Sie wollten die Stimme ihres unglücklichen Volkes sein - und schwiegen während der Nationalhymne. Die solidarische Geste der iranischen Nationalmannschaft soll zu Konsequenzen geführt haben.  © Fadel Senna/AFP

Die iranische Fußballmannschaft hat einen folgenschweren Fehler gemacht - jedenfalls nach Ansicht der iranischen Regierung.

Einer Insider-Quelle aus dem Sicherheitsbereich der WM-Spiele zufolge, wurde die iranische Auswahl von ihrer eigenen Regierung massiv unter Druck gesetzt, nachdem sie die Nationalhymne vor ihrem WM-Auftakt gegen England geschlossen boykottiert hat.

So soll den Spielern und den Familien Gefängnis und Folter angedroht worden sein, wenn sie sich nicht "benehmen", weiß CNN zu berichten.

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Die anonyme Quelle soll erfahren haben, dass alle Spieler im Anschluss an ihr erstes Spiel gegen England zu einer internen Besprechung geladen worden sind.

Dort soll ihnen von der iranischen Revolutionsgarde (IRGC) "mit Gewalt und Folter" gedroht worden sein, sollten sie die Nationalhymne erneut nicht mitsingen oder an jedwedem politischen Protest gegen Teheran beteiligt sein.

Diese interne Besprechung soll auch der Grund dafür gewesen sein, dass die Iraner vor ihrem zweiten Spiel gegen die walisische Auswahl die Hymne wieder gesungen hat. Iran gewann das Spiel mit 2:0.

Offiziere der iranischen Revolutionsgarde überwachen Trainer und Mannschaft

Der 69-jährige Carlos Queiroz erlaubte seinen Spielern zu protestieren, aber innerhalb der durch die FIFA gesetzten Verordnungen. (Symbolbild)
Der 69-jährige Carlos Queiroz erlaubte seinen Spielern zu protestieren, aber innerhalb der durch die FIFA gesetzten Verordnungen. (Symbolbild)  © Fadel Senna/AFP

Die anonyme Quelle, die den iranischen Sicherheitsangestellten während der WM in Katar eng folgen soll, berichtet weiter, dass "dutzende von Offizieren des IRGC eingeflogen worden sind, um ihre Nationalspieler zu überwachen".

Den Spielern sei es beispielsweise nicht erlaubt, sich außerhalb ihres Teams zu bewegen oder sich mit Fremden zu treffen.

Es soll "eine hohe Anzahl an Offizieren des iranischen Sicherheitsdienstes geben", die in Katar Informationen sammeln und die eigenen Spieler überwachen, berichtet die geheime Quelle weiter.

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Ins Visier des Sicherheitsdienstes sei auch der portugiesische Trainer der iranischen Auswahl geraten sein. Carlos Queiroz (69) sei zu einem Einzelgespräch gebeten worden.

Die Quelle konnte Aussagen über die Inhalte des Gesprächs zwischen dem Trainer und der Revolutionsgarde machen.

Noch vor ihrem ersten WM-Spiel gegen England seien den iranischen Spielern "Geschenke und Autos" von der Regierung in Aussicht gestellt worden sein. Vor dem zweiten Spiel gegen Wales waren es dann die Androhungen von Gewalt und Folter gegen die Spieler und ihre Familien.

Die Proteste gegen die eigene Regierung dauern im Iran seit drei Monaten an

Am 16. September ist die 22-jährige Mahsa Amini in Polizeigewahrsam gestorben. Seitdem dauern die Proteste im Iran und weltweit an. (Symbolbild)
Am 16. September ist die 22-jährige Mahsa Amini in Polizeigewahrsam gestorben. Seitdem dauern die Proteste im Iran und weltweit an. (Symbolbild)  © Yuki Iwamura/AFP

Der iranische Nationalverteidiger Ehsan Hajsafi (32) hatte im Vorfeld des WM-Auftakts gegen England einen überraschenden und indirekten Protest gegen das iranische Regime geäußert:

"Wir müssen akzeptieren, dass die Situation in unserem Land nicht gut ist und dass die Menschen nicht glücklich sind. Alle sind unglücklich. Aber das ist kein Grund, nicht ihre Stimme zu sein und sie nicht zu respektieren", gab er auf einer Pressekonferenz bekannt.

Grund für die Aussage und den anschließenden gemeinsamen Hymnen-Boykott sind die massiven Proteste im eigenen Land. Der Anlass der Proteste:

Die 22-jährigen Mahsa Amini war aufgrund des Tragens von "unislamischer Kleidung" in Polizeigewahrsam genommen worden und starb dort.

Das Auswärtige Amt berichtet, dass "UN-Angaben zufolge bereits mehr als 300 Menschen getötet worden sein [sollen], unter ihnen mehr als 40 Kinder".

Die iranische Nationalmannschaft muss am heutigen Dienstag um 20 Uhr gegen die Auswahl aus den USA antreten.

Titelfoto: Fadel Senna/AFP

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