DFL-Milliardenpoker auf der Zielgeraden: Investor als Fluch oder Segen?
Frankfurt am Main - Die Investoren-Frage bei der Deutschen Fußball-Liga rückt immer mehr in den Blickpunkt. Zunehmend wagen sich Klubchefs als Unterstützer aus der Deckung.
Die letzten fetten Angebote flattern derzeit in der Zentrale der Deutschen Fußball-Liga (DFL) herein, der Milliarden-Poker geht endgültig auf die Zielgerade: In der brisanten Investorenfrage soll schon in den kommenden Wochen Klarheit herrschen.
Kein Wunder also, dass sich die Lager von Befürwortern und Gegnern immer mehr aus der Deckung wagen - die 36 Klubs sind gespalten. Insbesondere die Unterstützer machen nun gewaltig Stimmung.
"Wir brauchen hier einen Kurswechsel", forderte Oliver Kahn (53) energisch. Die Bundesliga habe "speziell bei den Rechteverkäufen im Ausland den Sichtkontakt nicht nur zur Premier League, sondern auch schon zur spanischen Liga verloren", erklärte der Bayern-Boss in der Sport Bild: "Ein Weg, um diese Talfahrt zu stoppen, könnte die Zusammenarbeit mit einem externen Partner mit entsprechendem Know-how sein."
Bis zu drei Milliarden sollen durch ein Private-Equity-Unternehmen auf einen Schlag in die Kassen der 36 Vereine aus Bundesliga und 2. Bundesliga gespült werden. Dieser Kapitalgeber würde ähnlich wie in LaLiga und der Ligue 1 für eine begrenzte Dauer (zwischen 20 und 30 Jahren) rund 15 Prozent der Anteile einer noch zu gründenden DFL-Tochtergesellschaft erwerben, in welche die Medienrechte ausgelagert werden. Derzeit soll es sechs interessierte Investoren geben, bis 24. April läuft laut Medien die Frist für Angebote.
DFL-Boss Hans-Joachim Watzke sieht Grund zum Handeln in der "Wettbewerbsfähigkeit"
"Wir möchten und müssen etwas tun, um unsere Investitionsfähigkeit zu verbessern", betonte Hans-Joachim Watzke (63), DFL-Aufsichtsratsboss und Geschäftsführer bei Borussia Dortmund in Personalunion:
"Wenn wir es uns als Bundesliga nicht zutrauen, international zu wachsen und verantwortungsbewusst mit dem Geld eines Investors - der übrigens keinerlei Mitbestimmungsrecht bekommt - umzugehen, werden wir auf Sicht ins Hintertreffen geraten und an internationaler Wettbewerbsfähigkeit einbüßen."
Insbesondere viele Fans sehen dieses Vorhaben kritisch. "Ihr verkauft unsere Seele" oder "Nein zu Investoren bei der DFL!" war zuletzt beispielsweise auf Spruchbändern in Bundesliga-Stadien zu lesen. Dirk Zingler (58) und auch Watzke begründeten diese negative Grundstimmung mit unzureichender Informationspolitik. Die Klubs müssten "klar und deutlich sagen, was wir da eigentlich vorhaben. Denn wir wissen genau, was wir nicht wollen - und zwar eine Mitbestimmung der Investoren", sagte Zingler.
Es werde "niemanden geben, der uns vorschreibt, wann und wo wir spielen", betonte der Union-Berlin-Präsident in der Welt am Sonntag. Unterstützung gibt es auch von kleineren Klubs wie dem VfL Bochum. In der Investoren-Debatte gehe es "nicht um internationale Titel, sondern um die Qualitätssicherung in der Bundesliga". Man dürfe nicht zur "Exportliga" werden, forderte Bochum-Geschäftsführer Ilja Kaenzig (49) in der Sport Bild.
Investoren nicht die Lösung? Hertha BSC als mahnendes Beispiel
Einige Vereine sehen die Notwendigkeit angesichts von Negativbeispielen wie den Investorenjahren bei Hertha BSC trotz angespannter Post-Corona-Finanzlage allerdings nicht.
"Das Geld, was fließt, holt sich der Investor nach und nach zurück", kritisierte Paderborns Geschäftsführer Martin Hornberger (61): "Theoretisch könnte man auch bei der Bank ein Darlehen aufnehmen." Dieses Geld könne gar "preiswerter und flexibler" sein, mutmaßt der ehemalige DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig (59).
Zudem sorgen sich die "Kleinen", dass die Schere zwischen den Klubs noch weiter auseinander klafft. Diese knifflige Verteilung der Zusatzeinnahmen ist eine der vielen noch zu klärenden Fragen.
Mitte Mai sollen auf einer außerordentlichen DFL-Mitgliederversammlung die attraktivsten Angebote präsentiert werden, eine Entscheidung über den endgültigen Partner könnte dann im Juni fallen. 24 von 36 Klubs müssten einem Kurswechsel zustimmen.
Titelfoto: Arne Dedert/dpa