Wer sind eigentlich Wolf, Berisha und Vagnoman? Heute Flicks Debütanten-Ball
Mainz - Es könne schon auch Überraschungen geben, hatte Bundestrainer Hansi Flick (58) im Vorfeld der Kader-Nominierung für die ersten Länderspiele des Jahres 2023 gegen Peru (Samstag, 20.45 Uhr) und Belgien (Dienstag, 20.45 Uhr) gesagt - und seinen Worten anschließend Taten folgen lassen. Mit Marius Wolf gehört ein Neuling gegen Peru sogar gleich der Startelf an!
Der 58-jährige Übungsleiter berief gleich sechs potenzielle Debütanten in das Aufgebot für den ersten Auftritt nach der WM-Schmach von Katar und ließ dafür gestandene DFB-Größen wie Thomas Müller (33), Antonio Rüdiger (30), Niklas Süle (27) oder Leroy Sané (27) zu Hause.
Doch wer sind die frischen Gesichter im Kreise der deutschen Nationalmannschaft eigentlich? Wir haben für Euch einen Blick auf die Flick-Neulinge geworfen!
Josha Vagnoman ist beim VfB Stuttgart derzeit nur Ersatz
Beginnen wir direkt mit der vielleicht größten Überraschung im DFB-Kader, denn der 22-jährige Rechtsverteidiger Josha Vagnoman ist nicht mal beim Bundesliga-Schlusslicht aus Stuttgart gesetzt.
Seit seinem Wechsel für 3,5 Millionen Euro vom Hamburger SV im vergangenen Sommer absolvierte der 1,90-Meter-Hüne 16 Pflichtspieleinsätze für den VfB, allerdings nur neun davon als Teil der Startelf. Zuletzt musste er sich unter Bruno Labbadia (57) sogar mehrmals komplett mit der Rolle des Zuschauers begnügen.
Auf seiner angestammten Position rechts hinten spielt stattdessen Innenverteidiger Waldemar Anton (26), Vagnoman hilft regelmäßig auf der offensiven Außenbahn oder der Linksverteidigerposition aus.
Flick hatte jedoch betont, dass die Neuen "keine klaren Stammspieler" sein müssten. Man habe gerade den gebürtigen Hamburger genauestens analysiert und sei von seiner "sehr mutigen" Interpretation der Rolle als Außenverteidiger beeindruckt.
Tatsächlich geht der U21-Europameister von 2021 gern ungestüm ans Werk, ist äußerst schnell sowie körperlich robust. Auf der anderen Seite erlaubt er sich - in seinem Alter durchaus nicht ungewöhnlich - defensiv immer wieder Schnitzer und offenbart auch technische Defizite im Spiel nach vorn.
Ob das Experiment eine langfristige Perspektive hat, muss die Zeit zeigen. Es dürfte auch einer hartnäckigen Problem-Position geschuldet sein, womit wir beim nächsten Neuen wären.
Marius Wolf drängt mit Top-Form aufs DFB-Debüt
BVB-Kicker Marius Wolf (27) befindet sich derzeit in der Form seines Lebens und hat großen Anteil am furiosen Meisterschafts-Angriff der Schwarz-Gelben mit inzwischen neun Siegen aus den letzten zehn Liga-Partien.
Obwohl Wolf noch vor wenigen Monaten am Herzen operiert werden musste, spielte er sich rechts hinten fest und verwies Winter-Neuzugang Julian Ryerson (25) nach dem Ausfall von Thomas Meunier (31) auf die Bank oder die linke Seite.
Der unermüdliche Antreiber ist in zahlreiche BVB-Sturmläufe involviert und scheint in der aktuellen Saison infolge eher wechselhafter Jahre beim Effzeh, der Hertha und der Eintracht noch mal einen Entwicklungssprung gemacht zu haben.
Als mittlerweile offensiv wie defensiv sehr konstanter Leistungsträger der Borussia hat sich Wolf die Nominierung redlich verdient. Mit 27 Jahren ist er zudem der alte Hase unter den potenziellen Debütanten.
Felix Nmecha auf den Spuren von Bruder Lukas Nmecha
Lukas Nmecha (24) stand bereits siebenmal für die deutsche A-Nationalmannschaft auf dem Rasen, auch sein Bruder Felix Nmecha (22) hat sich für den hiesigen Verband entschieden, obwohl er ebenso für die "Three Lions" und Nigeria spielberechtigt wäre.
Die Familie der Geschwister wanderte 2007 von Hamburg nach England aus, anschließend durchliefen beide die Jugendabteilungen von Manchester City.
2021 ging es gemeinsam mit Lukas dann nach Wolfsburg, wo Felix seit der Ankunft von Niko Kovac (51) ein höheres Standing genießt als noch in seiner ersten Saison in Niedersachsen. In wettbewerbsübergreifend 23 Begegnungen steuerte der kreative Spielmacher zwei Treffer und vier Assists bei.
An sich bringt der 1,90 Meter große Rechtsfuß alle Anlagen für eine erfolgreiche Karriere mit. Nmecha kann auf der Acht und Zehn zum Einsatz kommen, hat den Ball gern am Fuß und befreit sich ob seiner hervorragenden Technik sowie seiner enormen Geschwindigkeit regelmäßig aus den verzwicktesten Situationen.
Allerdings muss er besonders im letzten Drittel noch an seiner Zielstrebigkeit arbeiten, denn dort hat die bärenstarke Konkurrenz um Jamal Musiala (20), Florian Wirtz (19) oder Julian Brandt (26) deutlich die Nase vorn.
England-Legionär Kevin Schade akklimatisiert sich auf der Insel
Der gebürtige Potsdamer Kevin Schade (21) kam über die Nachwuchsbereiche des SV Babelsberg 03 und des FC Energie Cottbus zum SC Freiburg, wo ihm unter Coach Christian Streich (57) schließlich der Durchbruch im Herrenbereich gelang.
Nach sechs Treffern und vier Assists in 36 Einsätzen wurden die "Bees" aus dem Londoner Stadtteil Brentford auf den 21-jährigen Offensivakteur aufmerksam und überwiesen im vergangenen Winter bereits eine Leihgebühr in Höhe von einer Million Euro, die aber an eine leicht zu erfüllende Kaufpflicht für 25 Millionen Euro gebunden ist.
Im Westen der englischen Hauptstadt, wo unter Trainer Thomas Frank (49) seit Jahren gerade bei der Akquise passender Puzzleteile hervorragende Arbeit geleistet wird, soll der vielseitig einsetzbare Angreifer behutsam aufgebaut werden.
Derzeit bedeutet das zumeist die Joker-Rolle, allerdings feierte Schade am 15. März gegen den FC Southampton sein Startelfdebüt, steuerte neun Tage zuvor gegen den FC Fulham seine erste Vorlage bei und scheint sich im vor allem über Einsatz und Intensität zum Erfolg kommenden Gefüge von Brentford nahtlos eingegliedert zu haben.
Ist Bayern-Schreck Mergim Berisha die Lösung des deutschen Stürmerproblems?
Bereits im Vorfeld deutete vieles auf eine Nominierung von Megim Berisha (24) hin. Die FCA-Kollegen und -Bosse redeten den sechstbesten deutschen Scorer der Bundesliga (acht Tore, vier Assists) sogar mit großem Nachdruck in die DFB-Auswahl.
Daher kam die Berufung des Bayern-Schrecks - Berisha erzielte in dieser Saison schon drei Treffer gegen die Münchner - nicht mehr wirklich überraschend.
"Ich glaube, es gibt wenig bessere Neuner, die wir in Deutschland haben", erklärte sein Trainer Enrico Maaßen (39) schon Anfang Februar. Und erfolgreiche Neuner sind hierzulande bekanntlich Mangelware.
Malick Thiaw: Die "neue Legende" der AC Milan kommt aus Deutschland
Der letzte Neuling im Bunde, der für Armel Bella-Kotchap (21) nachnominiert wurde, hat einen rasanten Aufstieg hinter sich. 2015 schloss sich der in Düsseldorf geborene Innenverteidiger Malick Thiaw (21) der Knappenschmiede des FC Schalke 04 an, wo ihm fünf Jahre später der Sprung in die Profimannschaft gelang.
In der vergangenen Aufstiegssaison gehörte der Sohn einer Finnin und eines Senegalesen bereits zu den Leistungsträgern bei Königsblau, weshalb die AC Mailand im darauffolgenden Sommer sieben Millionen Euro nach Gelsenkirchen überwies.
Allerdings erlebte der 21-jährige Abwehrmann in Italien einen holprigen Start. Bis zur WM-Winterpause kam er zunächst kaum zum Zug und stand lediglich 124 Minuten auf dem Rasen.
Das änderte sich auch nach Wiederbeginn nicht, den gesamten Januar schmorte der 1,94-Meter-Riese auf der Bank des amtierenden Serie-A-Meisters.
Sportlich lief es für die "Rossoneri" während dieser Phase aber eher durchwachsen und so wagte sich AC-Übungsleiter Stefano Piolo (57) im Februar aus seiner Komfortzone und warf Thiaw ins kalte Wasser.
Seitdem scheint sich der Kapitän der deutschen U21-Nationalmannschaft als unangefochtene Stammkraft in der Defensivzentrale des Champions-League-Viertelfinalisten etabliert zu haben.
Nach seinem Königsklassen-Debüt im Achtelfinal-Hinspiel gegen Tottenham titelte die Gazzetta dello Sport sogar: "Das San Siro hat eine neue Legende und die kommt aus Deutschland."
Titelfoto: Arne Dedert/dpa