Kommentar zum Adidas-Abschied: "Schade drum, aber bitte keine Krokodilstränen!"

Deutschland - Der Ausrüster-Wechsel des DFB von Adidas zu Nike schlug am Donnerstag wie eine Bombe in der deutschen Fußballlandschaft ein. TAG24-Sportredakteur Florian Mentele (30) kann die blutenden Herzen der Romantiker verstehen, bittet aber um eine realistische Einordnung.

Adolf Dassler saß schon 1954 auf der deutschen Bank. Bald wird die Erinnerung an ihn vom Trikot der Nationalmannschaft verschwinden. (Archivfoto)
Adolf Dassler saß schon 1954 auf der deutschen Bank. Bald wird die Erinnerung an ihn vom Trikot der Nationalmannschaft verschwinden. (Archivfoto)  © UPI/dpa

Das angekündigte Ende einer Ära hat auch meinem nostalgischen Ich einen Hieb in die Magengrube versetzt, das kann ich nicht leugnen. Die drei ikonischen Streifen und die deutsche Nationalmannschaft prägten Kindheitserinnerungen und sind auch in meinem Kopf eng miteinander verschweißt.

Irgendwie war es immer etwas Besonderes, dass der Zeugwart des ersten WM-Triumphs von 1954 bis heute neben dem Bundesadler verewigt ist, ein Stück trikotgewordene Fußballgeschichte. Und wie wichtig zumindest eine gewisse Tradition ist, um Fans mit ins Boot zu holen, sollte selbst den letzten Zweiflern über die vergangenen Monate klargeworden sein.

Zudem hätte sich der DFB wohl keinen ungünstigeren Zeitpunkt für die Bekanntgabe des überraschenden Deals aussuchen können. Die Medienkampagne "Typisch Deutsch" um das pinke Auswärtstrikot hat Meinungen gespalten, aber auch einen Funken entfacht, der um die Nationalelf in der Form schon eine Weile nicht mehr brannte.

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Es dürfte wohl der letzte Geniestreich von Adidas gewesen sein, welcher auch aufgrund der tiefen Verwurzelung der Marke hierzulande so gut funktioniert hat.

Der DFB ist auf das Geld von Nike angewiesen

Die Heim-EM 2024 wird das vorletzte große Turnier für Adidas. Mit dem gewagten Auswärtstrikot ist der Firma ein PR-Stunt gelungen.
Die Heim-EM 2024 wird das vorletzte große Turnier für Adidas. Mit dem gewagten Auswärtstrikot ist der Firma ein PR-Stunt gelungen.  © Daniel Karmann/dpa

Auf der anderen Seite sollte man - fünf Euro gehen ins Phrasenschwein - die Kirche im Dorf lassen. Dem Vernehmen nach zahlt Nike künftig mit geschätzten 100 Millionen Euro etwa doppelt so viel wie das hiesige Unternehmen aus Herzogenaurach bislang.

Robert Habeck (54, Grüne) hätte sich trotzdem "mehr Standortpatriotismus" gewünscht, aber dass gerade aus der Politik so viele Stimmen laut werden, die offenbar nicht verstehen können, wie ein Wirtschaftsunternehmen - und nichts anderes ist die DFB GmbH & Co. KG - das finanziell deutlich attraktivere Angebot annehmen kann, wirkt bestenfalls naiv.

Plötzlich sind sie alle hartgesottene Fußballfans, denen die Kommerzialisierung sauer aufstößt. Das war Friedrich Merz (68, CDU) wohl gerade entfallen, als er vor rund anderthalb Jahren die WM in Katar verteidigt und seine Anhänger-Kollegen von "politischen Protesten" abgeraten hat.

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Außerdem geht der Dachverband seit Jahren am Stock, da braucht man nur mal im Amateurbereich nachzufragen. Das mag auch an einer absurden Verteilung der Geldtöpfe liegen, die mehr Ausrüster-Kohle nicht zwangsläufig löst, doch nun ist der DFB wieder stärker in der Bringschuld.

Adidas oder Nike? Die Global Player nehmen sich nicht viel!

TAG24-Sportredakteur Florian Mentele (30) bedauert zwar das Ende einer traditionsreichen Ära, hält aber nicht viel von einem verklärten Blick auf Langzeit-Ausrüster Adidas.
TAG24-Sportredakteur Florian Mentele (30) bedauert zwar das Ende einer traditionsreichen Ära, hält aber nicht viel von einem verklärten Blick auf Langzeit-Ausrüster Adidas.  © Eric Münch

Und bei aller Nostalgie gilt es darüber hinaus nicht zu vergessen, dass es sich bei Adidas nicht um die kleine Sportartikel-Manufaktur von nebenan handelt.

Mehr als zwei Drittel der Zulieferer kommen laut Statista aus Asien, die Firma produziert mit Vorliebe in China, Vietnam, Kambodscha, Indonesien und Pakistan. Das Trikot kostet trotzdem satte 100 Euro, wird es auch beim neuen Partner.

Nike und Adidas sind Global Player, der Deutschland-Bezug der drei Streifen vielleicht noch eine nette Anekdote. Denn die derzeit vielzitierten "70 Jahre" sind genau das - schon eine ganze Weile her.

Die deutsche Identität wird den "Swoosh" auf dem Leibchen schon überleben.

Titelfoto: UPI/dpa, Daniel Karmann/dpa, Eric Münch

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