"Kriegsartige Szenen" nach Eintracht-Sieg: Hitlergruß, Pyro-Chaos und ein Schwerverletzter
Marseille/Frankfurt am Main - Die Frankfurter Eintracht gewinnt erstmals in ihrer Vereinsgeschichte ein Spiel in der Champions League - und keiner kann sich wirklich freuen. So traurig das klingen mag, so unschön waren auch die Szenen und Folgen des hart umkämpften 1:0-Erfolges der Hessen bei Olympique Marseille.
"Zum Fußball gehört es, zu kämpfen", hatte Siegtorschütze Jesper Lindström (22, 43. Spielminute) im Anschluss an den Premieren-Erfolg der SGE in der Königsklasse erklärt. Dass dies auf dem heiligen Rasen - im Rahmen des Erlaubten - durchaus seine Richtigkeit hat, steht außer Frage.
Doch projizierte das eine Vielzahl von Chaoten aus beiden Fanlagern leider auch auf das eigene Verhalten. Und so kam es bereits vor der Partie im wunderschönen Stade Vélodrome in Marseille nicht nur zu Festnahmen von mindestens fünf Eintracht-Anhängern, sondern auch zu tumultartigen Szenen vor und in der Arena.
Einer der traurigen Höhepunkte: Immer wieder wurden Raketen in die gegnerischen Fanblocks geschossen. Dass man hierbei keinerlei Rücksicht auf etwaige Opfer nahm, zeigte die Tatsache, dass sich ein Fan der Adlerträger im Rahmen der Ereignisse schwer verletzte und im Krankenhaus landete.
Aus den Reihen der Frankfurter Supporter hieß es sogar, dass die Person zwischenzeitlich sogar um ihr Leben kämpfen musste (die Information ließ sich allerdings noch nicht offiziell bestätigen). Es sollte aber nicht der einzige traurige Höhepunkt an einem eigentlich aus rein sportlicher Sicht denkwürdigen Abend bleiben.
So zeigte ein Twitter-Video teils vermummte Anhänger des Bundesligisten, die wiederholt den Hitlergruß in Richtung der Marseille-Kurve zeigten.
Die Edel-Eintracht-Frankfurt-Fans von Fussball 2000 mit ihrer Einschätzung zu den Geschehnissen
All diese Vorfälle wurden auch auf dem offiziellen Twitter-Account der Eintracht angesprochen. Vor allem von den rassistischen Vergehen ihrer sogenannten Fans distanzierte sich die SGE mit einem nach der Partie veröffentlichten Statement.
Viele Kommentatoren, die eindeutig als Sympathisanten des Europa-League-Siegers eingestuft werden können, wünschten sich über die bloßen Worte hinaus jedoch auch noch ein rigoroses Durchgreifen des Klubs.
"So etwas macht man nicht einfach so. Handelt da jetzt bitte konsequent und zeigt die klare Kante gegen Rechts, die wir alle so an der SGE schätzen", hieß es beispielsweise in einer Wortmeldung.
Bestand sogar Lebensgefahr? Eintracht Frankfurt informierte über den schwer verletzten Fan
Die volle Breitseite der von ihnen als "kriegsartige Szenen" zusammengefassten Geschehnisse rund um den Königsklassen-Sieg bekamen die YouTuber Marvin Mendel und Basti Red (bürgerlich Bastian Roth, 39) vom beliebten Eintracht-Videopodcast "Fussball2000" am eigenen Leib zu spüren.
Ihre gewohnte Reaktion direkt nach der Partie verschob sich auf die frühen Morgenstunden. Arg mitgenommen verkündeten sie zunächst, dass ihr Auto aufgebrochen und sämtliche Wertgegenstände sowie ihr Gepäck gestohlen worden waren - von der Euphorie über den so wichtigen und denkwürdigen Erfolg war bei ihnen dadurch nur noch bedingt etwas übrig.
"Es war die extremste Auswärtsfahrt in allen Belangen ever", leitete Basti Red sein Statement zum Spiel ein und präzisierte seine Ausführungen umgehend.
So berichtete er von "Luftarmutszuständen in irgendwelchen Bussen, Backsteinen, die durch Busscheiben geflogen sind", und Verfolgungen durch Motorradfahrer - eine entspannte Auswärtsfahrt hätte sicherlich anders aussehen müssen.
Statement der SGE zu Nazi-Gesten im Stade Vélodrome durch eigene Fans kommt nur bedingt gut an
Rein sportlich kann die Eintracht nach dem wichtigen Auswärtserfolg wieder vom Überwintern in Europa, wenn nicht sogar vom Einzug in die K.o.-Phase der Champions League träumen. Doch damit könnte ein hoher Preis einhergehen.
Denn der SGE droht nach den erneut negativen Geschehnissen rund um (nicht nur, aber auch) ihre Anhänger mindestens ein Geisterspiel.
Ob das bereits am dritten Gruppenspieltag gegen die Tottenham Hotspur (Dienstag, 4. Oktober, 21 Uhr) der Fall sein wird, muss die UEFA entscheiden.
Titelfoto: Montage: NICOLAS TUCAT/AFP, DPA/Sebastian Gollnow