Nach Eintracht-Gewalt-Skandal: Polizei teilt weiter aus, Fans widersprechen
Frankfurt am Main - Die Aufarbeitung der Geschehnisse im Rahmen des Bundesliga-Samstagabendspiels zwischen Eintracht Frankfurt und dem VfB Stuttgart (1:2) wird immer mehr zur Farce. Anstatt sich im stillen Kämmerlein einzig und allein mit der detaillierten Rekonstruktion der Ereignisse zu befassen, feuert die Polizei weiter in alle Richtungen.
Der Bild-Zeitung verriet der hessische Landesvorsitzender der Polizeigewerkschaft, Jens Mohrherr (55), nämlich: "Herr (Dino) Toppmöller (43) sollte begreifen, dass es Wichtigeres gibt, als zu beklagen, dass keine Stimmung im Stadion war."
Zum Hintergrund: Der Trainer der Adlerträger hatte sich im Anschluss an die verlorene, beinahe schon zur Nebensache verkommene Partie gegen die Schwaben enttäuscht über die Stille im Deutsche Bank Park geäußert. Dass er zu diesem Zeitpunkt bereits das volle Ausmaß der Gewalt-Eskalation kannte, darf jedoch bezweifelt werden.
Darüber hinaus wies der Polizeigewerkschafter die Vorwürfe zurück, dass der Einsatz der Ordnungshüter vor Ort unverhältnismäßig und eine Übungsmaßnahme für die bevorstehende Heim-EM gewesen sei. "Definitiv nein! Wir haben sehr wohl Pläne für die EM in der Schublade. Aber wir sind Profis durch viele Fußball-Großveranstaltungen. Das müssen wir nicht üben", sagte Mohrherr weiter.
Er forderte klare Kante von Vereinen wie der Eintracht, aber auch von der Politik. Demnach sollte identifizierten Straftätern mindestens ein Stadionverbot erteilt werden, damit sich derartige Vorfälle nicht wiederholen.
Doch was ebenjenen am vergangenen Samstagabend in Frankfurt tatsächlich ausgelöst hat, ist weiterhin unklar. Noch immer schieben sich beide Parteien gegenseitig die Schuld in die Schuhe.
Reizgas oder Feuerlöscher? Konträre Aussagen von Polizei und Fans geben sich die Klinke in die Hand
So kursieren etliche Bilder von einer gewaltigen Nebelschwade über Teilen der Nordwestkurve, die laut zahlreichen vor Ort anwesenden Fans von massivem Reizgas-Einsatz herrührte. Vonseiten der Polizei sollen hierfür jedoch von Ultras zweckentfremdete Feuerlöscher ursächlich gewesen sein.
Während sich über diese Debatte vorzüglich streiten lässt und somit keine der Parteien ohne aussagekräftiges Material zur Rechenschaft gezogen werden kann, sorgte die von der Polizei veröffentlichte Verletzten-Statistik für kollektives Stirnrunzeln.
Nach Gewalt in Frankfurt: Fanhilfen-Dachverband der Profiteams fordert Reizgas-Verbot in Stadien
Während die Ordnungshüter von 57 Beamten und 59 Ordnern sprechen, die im Verlauf der Krawalle mit verschiedensten Blessuren davonkamen, soll es keinerlei unbeteiligte Verletzte gegeben haben. Dem widersprechen unzählige Fans vehement.
Vor allem auf dem Kurznachrichtendienst X gingen Stadionbesucher auf die Barrikaden und berichteten von Frauen und Kindern, die auch bis weit in den Verlauf der zweiten Halbzeit noch immer wegen Atemwegs- und Augenreizungen behandelt werden mussten.
Insgesamt sei sogar von rund 100 verletzten Fans auszugehen - darunter einige, die mit den Krawallen rein gar nichts zu tun gehabt haben dürften. Ob eine lückenlose Aufklärung der Geschehnisse seitens der Augen des Gesetzes so aussehen sollte, darf durchaus angezweifelt werden.
Als Reaktion auf die Geschehnisse rund um den Deutsche Bank Park forderte der Dachverband der Fanhilfen e.V. nun ein kollektives Reizgas-Verbot in Fußballstadien. "Dieser Mix aus Gewalt und Eskalation ist brandgefährlich und passt überhaupt nicht zu den seit Jahren bundesweit zurückgehenden Zahlen an Straftaten und Verletzten in den Stadien", äußerte sich ein Verbandssprecher.
Untermauert wurde diese Aussage von einer eigens geführten, jedoch eigenen Angaben nach unvollständigen Liste von 16 Spielen im Profifußball in dieser Saison, bei denen es zu überzogenen Polizeieinsätzen gekommen sein soll.
Derweil will die eigens eingerichtete SOKO2511 die Geschehnisse auch unter der Mithilfe von eingesendetem Video- und Fotomaterial weiter aufarbeiten.
Titelfoto: Montage: 5vision.news, Gewerkschaft der Polizei Hessen