Trotz Energiekrise: Warum Sachsen nicht auf die Kraft des Wassers setzt
Dresden - Sachsen will grüne Energie aus eigenen Quellen ausbauen, doch Wasserkraft soll keine Rolle spielen. Verfechter des "blauen Stroms" fordern den Kurswechsel.

Tischlermeister Horst Exner (64) aus Dorfchemnitz hat ein teures Hobby: sein eigenes Wasserkraftwerk. Nach der Wende hatte er die Anlage an der Freiberger Mulde einer Papierfabrik abgekauft, sie für 300.000 Mark restauriert. 70 Kilowatt pro Stunde könnte er damit erzeugen - wenn er sie denn betreiben dürfte.
Er wartet bis heute auf die Genehmigung. "Wasserkraft erzeugt gleichmäßig Strom, Tag und Nacht", sagt Exner. "Aber im Gegensatz zur Wind- und Solarenergie steht keine Lobby dahinter."
75 Prozent der Sachsen sprechen sich für Wasserkraft aus, sie ist deutlich beliebter als Windräder und Solarparks. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie, die Energieminister Wolfram Günther (48, Grüne) kürzlich vorstellte.
Einen Ausbau plant er aber nicht. Die Erschließung sei "weitestgehend abgeschlossen", teilte sein Ministerium auf Anfrage mit.
Weitere Bilder des Wasserkraftwerks in Dorfchemnitz



So viele Wasserkraftwerke gibt es in Sachsen

Grund: die "ökologischen Anforderungen". Umweltschützern zufolge würden die Anlagen Fische töten und die Fließgeschwindigkeit bremsen, wodurch Flüsse zu Sümpfen werden könnten.
Erhalten bleiben sollen die 349 laufenden Anlagen. Mehr als 300 davon sind Kleinwasserkraftanlagen mit weniger als 1 Megawatt Leistung. Dem Statistischen Landesamt zufolge kommt rund 0,8 Prozent der im Freistaat verbrauchten Energie von der Wasserkraft.
Es sei viel mehr möglich, findet der Landesverband Erneuerbare Energien Sachsen: "Kleinwasserkraftanlagen sind die natürlichste und umweltfreundlichste Art der Energiegewinnung", sagt Vorsitzender Martin Maslaton (60). "Wasserkraft kann eine stabile Grundlast erzeugen."
Die Stadtwerke Annaberg-Buchholz setzen auf Wasserkraft. Sie betreiben vier Kraftwerke an heimischen Flüssen, produzieren damit jährlich im Durchschnitt zwischen 0,8 und 1 Million Kilowattstunden. Das könne "auch anderen Städten und Gemeinden als Vorbild dienen", erklärt der Technische Leiter Udo Moritz (56).
Titelfoto: Detlev Müller