Kornhaus in Meißen: Die Sanierung schreitet gut voran

Meißen - Wiege Sachsens und ältestes Schloss Deutschlands: Die Meißner Albrechtsburg kann sich mit großartigen Titeln schmücken.

Der Umbau im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts verlieh dem Kornhaus ein neogotisches Antlitz mit passenden Fenstern, Giebeln und einem Satteldach. Es sind aber auch noch originale Schmuck- und Bauelemente aus Sandstein erhalten.  © Holm Helis

Zum Gebäudeensemble der Burg gehören mehrere Bauwerke.

Das Kornhaus an der Nordseite des Domplatzes dabei zählt zweifelsohne zu den prägendsten.

Das historische Wirtschaftsgebäude besitzt eine lange und wechselvolle Geschichte, die Jahrhunderte zurück und in die Gegenwart hinein reicht.

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Ein Besuch auf der Kornhaus-Baustelle ...

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Der Dachstuhl ist eine "ingenieurtechnische Meisterleistung"

Tom Lauerwald von der Otto-und-Emma-Horn-Stiftung in einer ehemaligen Wohnung im Kornhaus. Bei der Restauration der Fenster wird das historische Glas wiederverwendet.  © Holm Helis

"Dieser freitragende Dachstuhl ist eine ingenieurtechnische Meisterleistung und eines herrschaftlichen Baus absolut würdig. Er stellt das Modernste und Beste dar, was man damals bekommen konnte", schwärmt Tom Lauerwald (64) von der Otto-und-Emma-Horn-Stiftung.

Der Historiker steht strahlend auf dem Dachboden des Kornhauses. Um ihn herum wabern dicke Staubwolken. Sägen kreischen. Emsig gehen Handwerker ihrer Arbeit nach.

Etwa zwei Drittel des Daches sind bereits neu eingedeckt. Der Rest des Dachstuhls wird von einer Unterspannbahn vor der Witterung geschützt. Bis zum Hochsommer soll die Dachsanierung abgeschlossen sein.

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Der Meißner erklärt: "Der älteste Teil dieses Dachgebälks stammt aus dem Jahr 1494. Sein Holz ist von außerordentlicher Qualität. Es stammt von langsam wachsenden Weißtannen. Die Marken der einzelnen Zimmerleute, die vor über 500 Jahren dieses innovative Tragwerk errichtet haben, sind noch an Balken sichtbar."

Dank Dachsanierung ist das Denkmal gerettet

Dr. Steffen Skudelny von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (v.l.n.r.) übergab Tom Lauerwald im Beisein von Meißens Oberbürgermeister Olaf Raschke den Spendenscheck.  © Holm Helis

Der Dachboden besitzt mit 59 Meter Länge und 21 Meter Breite riesige Dimensionen. Seine Sparren messen 13,50 Meter Länge. Tom Lauerwald: "Dank der Dachsanierung kann man heute sagen, dass das Denkmal gerettet ist."

Sein Zeitplan sieht vor, dass nach dem Dach die Fassade bis zum Herbst geputzt wird. In diesem Bauabschnitt werden auch 106 historische Fenster aufgearbeitet und 29 durch neue ersetzt. Noch vor dem Winter sollen die Gerüste fallen. "Alles andere wird sich finden", gibt sich der pensionierte Stadtarchivar optimistisch.

So viel Zuversicht sah man ihn lange nicht verbreiten.

Das Kornhaus befindet sich seit weniger als zwei Jahren in Besitz der Otto-und-Emma-Horn-Stiftung Meißen. Lauerwald führt ehrenamtlich die Geschäfte der Stiftung. Seine Arbeit besteht zum größten Teil aus Finanzmanagement. Man könnte auch "Betteln" sagen. Schließlich verfügt die Stiftung nicht über die nötigen Mittel für diese Restaurierung.

Sein Erfolg: Zum neuen Dach steuert der Freistaat 800.000 Euro bei. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) fördert die Sanierung mit 1,383 Millionen Euro. "Das Kornhaus ist ein relevanter Zeitzeuge städtischer und deutscher Geschichte", betont DSD-Vorstand Steffen Skudelny bei der symbolischen Spendenscheck-Übergabe.

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Die Sanierung des Daches will man bis Ende Juni/Anfang Juli abgeschlossen haben. Fast unglaublich: Das Kornhaus wurde als schmuckloses Wirtschaftsgebäude vor über 500 Jahren innerhalb eines Jahres errichtet.  © imago/Sylvio Dittrich

Die Außenhülle wird in den alten Glanz zurückversetzt

Das Dachgeschoss des Kornhauses ist in vielerlei Hinsicht beeindruckend. Nach der Sanierung soll es für Führungen begehbar bleiben.  © Holm Helis

Lauerwald: "Dank der großzügigen Unterstützung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz können wir nun die Außenhülle wieder in den alten Glanz zurückversetzen."

Der Historiker schließt (fast) aus, dass es bei der weiteren Sanierung des Renaissancegebäudes Überraschungen gibt. Schließlich haben die Baumeister des Kornhauses geklotzt und nicht gekleckert: Das Haus steht auf Fels. 2,2 Meter dick sind seine Wände zur Talseite (Hofseite 1,2 Meter).

Die Außenmauer des Kornhauses war einst Teil der Festungsmauer der Albrechtsburg. Baumstarke Balken, die im Abstand von 30 bis 40 Zentimetern verbaut wurden, tragen die Decken im Haus. Unter dem Gebäude befinden sich riesige Kellergewölbe. "Alles sehr solide", so die Einschätzung von Bauexperten.

Azubi Max Hergott (17) beim Anlaschen vom Deckenbalken im Dachgeschoss.  © Holm Helis

Erdgeschoss und Keller sollen (halb-)öffentlich genutzt werden

Im Erdgeschoss befindet sich dieser große Raum mit Kreuzgewölbe und quadratischen Säulen. Einst war dort der Marstall für 80 Pferde.  © Holm Helis

Künftig will man Erdgeschoss und Keller (halb-)öffentlich nutzen. Wenn 2029 auf dem Burgberg die 5. Landesausstellung eröffnet und an den Anfang sächsischer Geschichte erinnert wird, sollen 13 Mietwohnungen in den oberen Stockwerken längst fertig sein.

"Das Haus war bereits vor Jahrhunderten königliches Appartementhaus, aber auch Burgwache und Pferdestall", berichtet Tom Lauerwald schmunzelnd.

Steffen Skudelny reflektiert seine Worte nachdenklich: "Unsere Vorfahren zeigen uns, dass die Umnutzung von Gebäuden möglich und sinnvoll ist im Lauf der Zeit. Viele Generationen haben dazu beigetragen, dieses Denkmal zu erhalten. Das sollte uns inspirieren und beflügeln, alte Bausubstanz zu bewahren."

Zeitgeschichte des Kornhauses in Meißen

Eine Postkarte anno 1915 von der Albrechtsburg Meißen mit dem Kornhaus im Vordergrund.  © imago images / Artokoloro
  • 929 König Heinrich I. lässt hölzerne Wehranlage auf einem Felsen über der Elbe errichten
  • 1470 Baustart Kornhaus auf dem Domplatz
  • 1471 Ernst und Albrecht von Wettin beginnen Schlossbau: die Albrechtsburg Meissen
  • 1520 Kornhaus wird Burgwache und dessen Erdgeschoss Marstall für 80 Pferde
  • 1710 Porzellanmanufaktur zieht auf die Albrechtsburg. Produktion auch im Kornhaus
  • 1857 Kornhaus-Abriss wird erwogen. Das Gebäude hat unter der Manufaktur-Produktion stark gelitten.
  • 1878 König Johann lässt das Kornhaus sanieren und Wohnräume für die königliche Familie einrichten.
  • 1949 Kornhaus wird Wohnhaus
  • 2006 Stadt verkauft das Haus. Italienischer Investor plant Nobelhotel.
  • 2008 Der letzte Mieter zieht aus.
  • 2022 Das Gebäude soll zwangsversteigert werden. Die Alternative für Deutschland zeigt Interesse, will dort eine Kaderschmiede etablieren. Dagegen formierte sich breiter Widerstand. Prominente wie Gunther Emmerlich, Roland Kaiser, Ingo Schulze und Jörg Kachelmann verfassen offenen Brief.
  • 2023 Die Linke fordert den Freistaat Sachsen auf, das Haus zu erwerben. Das Finanzministerium lehnt mangels Bedarf ab.
  • Dezember 2023 Die Emma-und-Otto-Horn-Stiftung kauft das Denkmal.

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