Landesstatistik kontra Melderegister: Amtlicher Einwohner-Klau bringt Städte um Millionen

Leipzig/Chemnitz - Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast ... In Sachsen ist ein Streit um die richtige Zählweise von Einwohnerzahlen der Kommunen entbrannt. Dabei geht es nicht vordergründig um den Wachstumsfetischismus mancher Stadtfürsten, sondern vor allem um viel Geld.

Unter anderem die Stadt Leipzig bangt um ihr Geld. (Symbolfoto)  © Jan Woitas/dpa

Als Leipzig 2019 die 600.000-Einwohner-Marke knackte, sprach OB Burkhard Jung (67) von einem "historischen Tag". Seither fiebert der sendungsbewusste SPD-Politiker dem Tag entgegen, an dem sich Leipzig im deutschen Städteranking an Düsseldorf (631.217) vorbei auf Platz 7 schieben kann.

Wenn es nach dem Melderegister der Stadt geht, dann wäre Leipzig bereits aufgerückt - 632.256 Einwohner mit Hauptwohnsitz waren hier Ende 2024 verzeichnet. Doch die Landesstatistik macht einen Strich durch die Rechnung, weist für die Messestadt nur 611.978 Leipziger aus.

Ähnliches ist aus Dresden und Chemnitz zu hören. Nach eigener Zählweise (Stand November 2024) hat die Landeshauptstadt 573.812, die Kulturhauptstadt 251.699 Einwohner. In der Landesstatistik sind es hingegen 8850 und 6117 Personen weniger. Selbst in Kleinstädten wie Annaberg-Buchholz - 19.968 zu 18.868 - gibt es arge Differenzen.

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Und die hauen finanziell ins Kontor.

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Zwischen den Zahlen der Stadt und des Statistischen Landesamtes klafft eine Lücke. (Symbolfoto)  © Arno Burgi/dpa-Zentralbild/dpa

Denn die Schlüsselzuweisungen, die die Kommunen vom Freistaat erhalten, richten sich nach der Einwohnerzahl - und zwar jener der Landesstatistik. Bei einer Zuweisung von etwa 1200 Euro je Großstädter-Kopf werden Leipzig heuer um die 25 Millionen Euro, Dresden rund 10,6 Millionen und Chemnitz über sieben Millionen Euro durch die Lappen gehen.

Im kleinen Annaberg, wo mit etwa 420 Euro pro Kopf zu rechnen ist, sind es 462.000 Euro. Doch warum entstehen die Differenzen überhaupt?

Während die Kommunen ihre Melderegisterzahlen nehmen, beruft sich das Landesamt auf den Zensus 2022. In einem bundeseinheitlich festgelegten Verfahren würden diese Daten kontinuierlich auf Aktualität geprüft und fortgeschrieben, teilte die Behörde mit.

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"Der Zensus ist sozusagen eine Art Inventur, mit der überprüft wird, wie genau die Melderegister die Realität abbilden, da diese nur das Meldeverhalten der Bevölkerung abbilden können", erklärte eine Sprecherin.

Soll heißen: Nicht jeder, der gemeldet ist, lebt auch tatsächlich in der Stadt. Wie aus den Rathäusern zu erfahren war, prüfen Leipzig, Chemnitz und Annaberg-Buchholz, gegen den amtlichen Einwohner-Klau zu klagen.

Erstmeldung um 9.20 Uhr ; Update um 19.24 Uhr

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