Untreue-Skandal erschüttert Seiffener Männelmacher-Zunft

Seiffen - Die wunderschöne Welt der erzgebirgischen Männelmacher hat einen Kratzer abbekommen. Von der Öffentlichkeit bislang unbemerkt, hat es ausgerechnet bei der renommierten Genossenschaft der Drechsler, Bildhauer, Holz- und Spielwarenhersteller Seiffen (Dregeno) einen Untreue-Skandal gegeben. Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln. Zeitgleich endet urplötzlich die Amtszeit der langjährigen Vorstands-Chefin.

Der malerisch im Erzgebirge gelegene Kunsthandwerker-Ort Seiffen.  © Uwe Meinhold

Im Herbst waren bei einer internen Prüfung Unregelmäßigkeiten in der Finanzbuchhaltung der Dregeno aufgefallen. Mehrere tausend Euro fehlten in der Kasse. Erste Ermittlungen erhärteten den Verdacht, dass eine Buchhalterin der Genossenschaft die Gelder wohl abgezweigt hatte.

Am 27. November erstattete ein Anwalt der Dregeno Strafanzeige bei der Polizei. Seither ermittelt die Staatsanwaltschaft Chemnitz wegen des Verdachts der Untreue gegen die inzwischen geschasste Mitarbeiterin.

"In welchem Umfang Gelder veruntreut wurden und wohin die Gelder flossen, ist noch Gegenstand der laufenden Ermittlungen", erklärte Oberstaatsanwältin Ingrid Burghart auf Anfrage.

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Am 14. April gab es nun den nächsten Paukenschlag: Bei einer Sitzung beschloss die Generalversammlung der Dregeno, die langjährige geschäftsführende Vorständin Juliane Kröner (47), die bei Präsentationen und auf Messen das "Gesicht" der Seiffener Holzkünstler war, abzuberufen. Zwar steht die Managerin nicht im Verdacht, an den Finanzschiebereien beteiligt gewesen zu sein, doch wird ihr intern Kontrollversagen vorgeworfen, wie von Mitarbeitern zu erfahren war.

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Seiffen im Erzgebirge und die Vorstands-Chefin der Drechsler-Genossenschaft Dregeno, Juliane Kröner (47), waren 13 Jahre lang eine erfolgreiche Einheit. Jetzt endete diese abrupt.  © Maik Börner
Räuchermännchen und Nussknacker sind die Markenzeichen erzgebirgischer Volkskunst. Die Dregeno vermarktet sie weltweit.  © Jens Büttner/dpa-Zentralbild/ZB

Juliane Kröner wollte sich nicht zu ihrem Ende äußern

Jahrhundertealtes Handwerk: Dieses Bild aus einer Seiffener Spielzeugmacher-Werkstatt entstand vor mehr als 100 Jahren.  © Imago

Auf telefonische Anfrage wollte sich Kröner, die momentan im Urlaub weilt, nicht zu ihrem überraschenden Ende bei der Dregeno äußern.

Auch der Vorsitzende des Aufsichtsrates, der bekannte Holzspielzeug-Hersteller Peter Ulbricht, wollte sich im Telefonat mit TAG24 nicht zu den Vorkommnissen äußern.

Auf schriftliche Anfrage gaben Vorstand und Aufsichtsrat später eine gemeinsame Erklärung ab, die von einer Trennung "im beiderseitigen Einvernehmen" und "aus strategischen Gründen" kündet.

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"Nach 13 Jahren erfolgreicher Zusammenarbeit möchten wir nun den Weg für eine neue Vorstandsgeneration ebnen", heißt es. Kröner werde ihre Aufgabe bis zum 1. Mai an zwei neue Vorstände übergeben und das Unternehmen zum Jahresende vollständig verlassen. Ob sie eine Abfindung erhält und wie hoch diese ist, wird nicht erklärt.

Die 1919 als Wirtschaftsverband erzgebirgischer Holz- und Spielwarenverfertiger gegründete heutige Genossenschaft hat nach eigenen Angaben rund 130 Mitgliedsunternehmen. Sie ist damit die größte Vertriebsplattform für erzgebirgisches Kunsthandwerk und vermarktet die Holzkunst aus Seiffen weltweit.

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