Sebnitz - Eine Werbeanzeige im Amtsblatt der Großen Kreisstadt Sebnitz (Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge) beschäftigt die Polizei.
Auf den ersten Blick scheint die private Anzeige im aktuellen Heft "Neues Grenzblatt" recht gewöhnlich. Zum 30-jährigen Bestehen seiner Dachdecker-Firma bedankt sich Inhaber Ronney W. bei seinen Kunden und Geschäftspartnern für die Treue und wünscht den Lesern ein frohes Osterfest.
Dieser rot abgedruckte Satz sorgte jedoch für einen großen Aufschrei: "AUSBILDUNGSPLATZ AB 2026, ABER: keine Hakennasen, Bimbos oder Zeppelträger!"
Welche Personengruppen der Dachdeckermeister damit genau von seinem Ausbildungsbetrieb ausschließen wollte, ist noch unklar. Für eine Stellungnahme war Ronney W. bisher nicht zu erreichen. Eine Mitarbeiterin erklärte gegenüber TAG24 am Telefon, dass sie sich von der Anzeige distanziere und dass allein ihr Chef dafür verantwortlich gewesen sei.
Die Bezeichnung "Hakennase" bezeichnet eigentlich Personen mit stark gekrümmter Nase, wird jedoch abwertend als Beleidigung für jüdische Menschen genutzt. Als "Bimbo" werden sowohl farbige Menschen als auch "tussige" Frauen diffamiert. Die Herkunft des Wortes "Zeppelträger" ist derweil nicht gewiss.
Die Stadtverwaltung Sebnitz bezog am späten Mittwochabend Stellung und bezeichnete die Werbeanzeige in einem Beitrag auf Facebook als "verachtend und ausländerfeindlich".
Bürgermeister von Sebnitz stellt Strafanzeige wegen Volksverhetzung
Oberbürgermeister Ronald Kretzschmar (42) stellte aus diesem Grund bereits Strafanzeige wegen Volksverhetzung, wie ein Sprecher der Polizeidirektion Dresden gegenüber TAG24 am Donnerstag erklärte.
Die Anzeige wird zurzeit von der Staatsanwaltschaft geprüft. Bisher handelt es sich nur um einen Anfangsverdacht.
Kretzschmar betonte im Gespräch mit TAG24, wie "wahnsinnig erschreckend" er die Anzeige finde. Nachdem er am Mittwochabend vom Verlag das Berichtsexemplar bekommen und die diskriminierende Anzeige bemerkt hatte, habe er noch versucht, den Versand des Amtsblatts an die Haushalte zu stoppen - jedoch ohne Erfolg.
Kretzschmar arbeitet seit 1997 im Sebnitzer Rathaus, seit 2022 ist er Oberbürgermeister. Aus diesem Zeitraum sei ihm kein ähnlicher Vorfall mit einer Anzeige im Amtsblatt bekannt.
Der OB verwies auf das Redaktionsstatut des "Neuen Grenzblatts", wonach im Amtsblatt keine politischen Botschaften abgedruckt werden dürften. Nur zu Wahlzeiten gebe es Ausnahmen.
Verantwortlicher Verlag entschuldigt sich für "schwerwiegenden Fehler"
Seitens der Stadtverwaltung Sebnitz wies man unterdessen darauf hin, dass die Stadt nur für den redaktionellen Teil des Amtsblatts verantwortlich sei und den Anzeigenteil erst nach der Veröffentlichung zu Gesicht bekomme: "Dieser liegt allein in der Verantwortung des Verlages."
Der verantwortliche Verlag ist dabei die "Linus Wittich Medien KG" mit Sitz im brandenburgischen Herzberg (Elster). In einer Stellungnahme entschuldigte sich der Verlag für seinen "schwerwiegenden Fehler". Von dem rassistischen Inhalt der Anzeige distanziere man sich "mit aller Deutlichkeit".
Zudem habe man bereits Konsequenzen gezogen: "Wir haben mit sofortiger Wirkung sämtliche Geschäftsbeziehungen zu dem betreffenden Gewerbekunden aufgekündigt und behalten uns weitere rechtliche Schritte vor." Nun gehe es der "Linus Wittich Medien KG" um die Fehleraufarbeitung, um ähnliche Vorfälle in Zukunft zu vermeiden.
Auch Stadtverwaltung und Stadtrat von Sebnitz distanzierten sich fraktionsübergreifend von der Anzeige des Dachdeckermeisters: "Wir distanzieren uns ausdrücklich und entschieden von den in der privaten Anzeige verwendeten Ausdrücken sowie dem menschenverachtenden Gedankengut, das ihr zugrunde liegt. Volksverhetzung, Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit haben bei uns keinen Platz und werden in jeder Form abgelehnt", heißt es dazu in einem Facebook-Beitrag vom Donnerstagvormittag.
Erstmeldung vom 17. April, 10.28 Uhr. Zuletzt aktualisiert um 12.38 Uhr.