Der Russe kommt, der Ami nicht: Diplomatische Verwicklungen zum Gedenken ans Kriegsende

Torgau - Am heutigen Freitag jährt sich zum 80. Mal die Begegnung zwischen US-amerikanischen und sowjetischen Streitkräften am 25. April 1945 an der Elbe in Torgau. Anlässlich des Jahrestages plant die Stadt in Nordsachsen drei Tage lang zahlreiche Veranstaltungen zum Erinnern. Allerdings sorgte dabei der Besuch des russischen Botschafters bereits im Vorfeld für ordentlich Wirbel.

Der russische Botschafter Sergej Netschajew (71) will am Freitag nach Torgau kommen.  © Soeren Stache/dpa

Botschafter Sergej Netschajew werde "der Einladung der Stadt Torgau Folge leisten und an den geplanten Veranstaltungen teilnehmen", teilte ein Sprecher der russischen Botschaft in Berlin auf Anfrage mit.

Interessant, denn eingeladen hat ihn niemand. Behauptet zumindest die Stadtverwaltung von Torgau, die das Gedenken offiziell organisiert.

So hatte man wohl im Vorfeld keine expliziten Einladungen an die Botschaften verschickt, dafür lediglich bereits im Februar die Auslandsvertretungen mehrerer Länder - darunter die russische - schriftlich über die öffentliche Veranstaltung informiert.

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Dieses Vorgehen war damals von Torgaus OB Henrik Simon (53, parteilos) mit der sächsischen Staatskanzlei abgestimmt worden. Auch wenn Regierungs-Chef Michael Kretschmer (49, CDU) betont, dass das Gedenken "nicht losgelöst von der aktuellen militärischen Aggression Russlands" begangen werden könne.

"Die wichtigste Lehre aus dem Zweiten Weltkrieg sei, weitere Kriege zu verhindern. Mit dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine hat Russland dieses gemeinsame Fundament verlassen." Ein separates Treffen mit Netschajew sei nicht vorgesehen, hieß es. Kretschmer lapidar: "Dass der russische Botschafter seine Teilnahme angekündigt hat, nehme ich zur Kenntnis."

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Oberbürgermeister Henrik Simon (53, parteilos).  © silke kasten/torgauer zeitung

Diplomatische Uneinigkeiten in Torgau

Darsteller mit einem russischen Schwimmpanzer 2015 beim sogenannten Elbe Day.  © Jan Woitas/dpa

Interessant: Der MP wird bei der Gedenkveranstaltung sprechen. Ebenso Regionalbischof Johann Schneider und Markus Pieper, Chef der Sächsischen Gedenkstätten. Und auch der russische Botschafter hatte auf sein Rederecht gepocht, bestätigt OB Simon: "Das haben wir allerdings ausgeschlagen, um keine Plattform zu geben."

Verzichten werden die Gastgeber dabei wohl auf die Amis. Denn die USA schicken keinen offiziellen Repräsentanten. "Das US-Konsulat in Leipzig ist in diesem Jahr nicht in der Lage, an der Zeremonie teilzunehmen", erklärte eine Sprecherin der US-Botschaft in Berlin.

Erst vergangene Woche hatte die Teilnahme Netschajews an einer Gedenkveranstaltung auf den Seelower Höhen östlich von Berlin für Aufsehen gesorgt.

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Das Auswärtige Amt hatte zuvor in einer Handreichung des Bundes davon abgeraten, offizielle russische Vertreter zu Weltkriegs-Gedenkveranstaltungen zuzulassen - aus Angst, dass diese Veranstaltungen instrumentalisiert werden.

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