Buhrufe und Applaus am Gedenktag: Was sich Putins Botschafter von Kretschmer anhören musste
Torgau - Der Streit um den "Elbe Day": Am offiziellen Gedenken an die Begegnung amerikanischer und sowjetischer Soldaten 1945 in Torgau wollten die Amerikaner in diesem Jahr nicht teilnehmen. Die Russen sollten nicht, kamen aber trotzdem. In dem diplomatischen Hickhack vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs behielt Sachsens Ministerpräsident den Durchblick und richtete klare Worte an die Adresse Russlands.

Michael Kretschmer (49, CDU) mahnte, dass "Nie wieder Krieg" die Botschaft von Torgau sei. Mit Blick auf den russischen Botschafter sagte er: "Es war Russland, das einen völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Ukraine begonnen hat." Nicht erst mit dem Großangriff auf die ganze Ukraine, sondern schon 2014, als die Schwarzmeer-Halbinsel Krim besetzt wurde.
"Und es liegt an Russland, nur an Russland, diesen Krieg zu beenden." Dafür erhielt Kretschmer Applaus, aber auch einige Buhrufe von den rund 200 Zuhörern.
Der russische Botschafter Sergej Netschajew (71) war offiziell nicht eingeladen. "Ich spüre das nicht. Ich fühle mich wohl", meinte er. Dazu, dass er kein Rederecht bekam, sagte er: "Wir haben die Möglichkeit, unsere Position zur Kenntnis zu bringen."
Am Revers trug er das sogenannte Sankt-Georgs-Band, das seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine als Symbol russischer Propaganda in der Kritik steht.

"Elbe Day" in Torgau: Viele diplomatische Verstrickungen

Unmittelbar vor Beginn des offiziellen Gedenkens kamen Rocker des russisch-nationalistischen Motorradclubs "Nachtwölfe" zum Denkmal in Torgau. Sie legten Kränze und rote Nelken nieder.
Vor den Motorrädern ritt eine Frau mit einer Russland-Fahne auf einem Pferd.
Der ukrainische Botschafter und auch der US-Generalkonsul blieben der Veranstaltung fern. Kretschmer erinnerte daran, dass in der Roten Armee im Zweiten Weltkrieg viele Russen, aber auch Ukrainer, Belarussen und Georgier gekämpft und im Krieg ihre Leben verloren haben.
"Es wäre schöner, angemessener, wenn auch Vertreter der Ukraine, Georgiens oder Belarus bei uns wären", sagte er. "Dass sie nicht kommen, hat vermutlich mit der Anwesenheit des russischen Kollegen zu tun."
Titelfoto: dpa/Hendrik Schmidt