Ist es riskant oder erlaubt, Wellensittich-Küken anzufassen?
Man hört bzw. liest es immer wieder: Tierbabys sollten vom Menschen möglichst nicht angefasst werden. Die Jungtiere würden ihren Eigengeruch verlieren und von der Mutter verstoßen werden. Gilt das wirklich für alle Tiere? Oder darf man beispielsweise Wellensittich-Küken anfassen?
Wissenswerte Tipps und Infos zu Sittichen und Co. gibt's hier: Kleintierratgeber.
Nach etwa 18 Tagen Brutzeit, in denen das Wellensittich-Weibchen ihren gelegten Eiern kaum von der Seite weicht, ist es schließlich so weit und die ersten Küken schlüpfen.
Die Vogelbabys sehen im Vergleich zu anderen Tierbabys zu Beginn zwar irgendwie niedlich, aber dennoch zerbrechlich und recht bizarr aus. Das liegt vermutlich mit daran, dass sie völlig nackt, blind und mit einem verhältnismäßig großen Schnabel schlüpfen.
Die ersten Federn zeichnen sich bei einigen Küken bereits nach etwa einer Woche unter der Haut ab und brechen nach und nach durch. Dieser Vorgang ist individuell und kann auch deutlich später erfolgen. Der Niedlichkeitsfaktor der kleinen Wellensittiche nimmt dann von Tag zu Tag zu, was so manchen Menschen dazu verleiten könnte, sie in die Hand zu nehmen, um mit ihnen zu kuscheln.
Aber ist das auch wirklich ratsam? Oder sollte man lieber noch etwas warten, um ohne Bedenken ein Wellensittich-Küken anfassen zu können?
Darf man Wellensittich-Küken anfassen?
Prinzipiell raten Experten davon ab, Tierbabys anzufassen. Das gilt vor allem für Wild- und Säugetiere. Ein ausschlaggebender Grund dafür ist, dass diese Jungtiere noch keinen typischen Eigengeruch besitzen bzw. dieser nach der Geburt von der Mutter abgeleckt wird.
Werden die Tierkinder nun von einem Menschen angefasst, würden die Tiere dessen Geruch annehmen. Den lehnen die Elterntiere jedoch in den allermeisten Fällen ab. Sie nehmen den Nachwuchs nicht mehr als ihren eigenen wahr und verstoßen ihn letztlich.
Anders als Säugetiere verfügen Vögel über einen weniger gut ausgeprägten Geruchssinn. Daher ist es grundsätzlich möglich, ein Wellensittich-Küken anzufassen, insbesondere dann, wenn es noch kein Federkleid besitzt.
In der Regel werden die Jungtiere trotz menschlichen Kontakts von ihren Eltern weiter angenommen. Einfach nur aus Spaß sollte man vom Berühren der Vögel allerdings absehen.
Wellensittich-Küken nur im Ausnahmefall anfassen
Auch wenn sie noch so verlockend und flauschig aussehen, um den Tieren so viel Stress wie möglich zu ersparen, sollten das Wellensittich-Weibchen und ihre Küken weitestgehend in Ruhe gelassen werden.
Es gibt dennoch einige wenige Ausnahmen, wo es unumgänglich ist, ein Wellensittich-Küken anzufassen. Das sind zum Beispiel folgende:
- bei der Nistkastenkontrolle
- im Zuge der Nistkastenreinigung
- zur Beringung.
Dabei sollte jedoch mit großer Sorgfalt vorgegangen und die Vögel nicht zu sehr herumgeschubst werden.
Lesetipp: Wann ist es in Ordnung Kaninchenbabys anzufassen? Mehr dazu liest Du in diesem Beitrag.
Wichtige Tipps zum richtigen Anfassen von Wellensittich-Küken
Nimmt man sich schließlich noch ein paar wertvolle Tipps zu Herzen, wie und wann man ein Wellensittich-Küken sicher berührt, hat man gute Chancen, dass sie später leichter zutraulich sind.
1. Ab welchem Alter?
Mit etwa zwei bis drei Wochen, wenn sich langsam das Federkleid ausbildet, kann man die Vogelbabys vorsichtig in die Hand nehmen. Sie wirken zwar noch sehr zerbrechlich, werden aber mit der Zeit immer robuster.
2. Im Beisein der Mutter
Besser ist es, den Nachwuchs im Beisein der Elterntiere anzufassen oder anzuheben. Das gibt den Küken mehr Sicherheit, wenn sie ihre Mutter in der Nähe wissen. Geraten die alten oder jungen Vögel in Panik sollten man sie wieder vorsichtig ins Nest setzen.
3. Behutsam vorgehen
Muss man die Wellensittich-Küken anfassen oder hochnehmen, sollte man dabei sehr sanft und behutsam vorgehen. Am besten nimmt man sie in beide Hände, wobei eine Hand als Untergrund dient und die andere Hand darüber gelegt wird. Plötzliche bzw. schnelle Bewegungen sind zu vermeiden, um die Tiere nicht zu erschrecken.
4. Geeigneten Zeitpunkt abwarten
Wirkt das Jungtier bereits gestresst, bevor man es berührt, sollte man warten bis es sich beruhigt hat. Stress äußert sich beispielsweise, indem sie sich verstecken, mit ihren Flügeln panisch um sich schlagen oder laut zwitschern.
Tipp: Bevor man ein Wellensittich-Küken anfasst, sollte man sich gründlich die Hände mit unparfümierter Seife reinigen. Handschuhe müssen nicht unbedingt getragen werden.
Fazit:
Prinzipiell ist jeder Wellensittich-Besitzer gut beraten, wenn er sich vor der Aufzucht von Jungtieren umfangreich mit der Thematik auseinandersetzt und sich entsprechendes Fachwissen aneignet. Ob und wann man Wellensittich-Küken anfassen darf, kann man als seriöser Züchter bzw. Spezialist dann ganz individuell und situationsbedingt entscheiden.
Titelfoto: 123RF/coffmancmu