Qualzucht bei Hunden: Betroffene Rassen und worunter sie leiden
Wenn man sich einen Hund kauft, sucht man sich in der Regel den süßesten aus, richtig? Würde man seinen Liebling aber immer noch nehmen, oder gar züchten lassen, wenn man wüsste, was für Qualen man ihm damit bereitet? Natürlich nicht, oder? Aber genau das passiert im Fall von Qualzucht bei Hunden.
Wer schön sein will, muss leiden: Sie sind so putzig, aber man weiß, dass sie für dieses Erscheinungsbild einiges aushalten müssen.
Und obwohl bekannt ist, dass einige Hunderassen unter ihrer flachen Schnauze und knautschigen Hautfalten leiden, werden sie weiterhin gezüchtet. Die Nachfrage ist da.
Das betrifft aber nicht nur die Paradebeispiele Mops und Bulldogge. Auch andere Rassen müssen für ihre Beliebtheit einiges einstecken.
Wie Qualzucht bei Hunden aussieht, wie sie sich bemerkbar macht und welche Hunde davon betroffen sind, erklärt TAG24 genauso wie die Frage, was man dagegen tun kann.
Weitere spannende Artikel über verschiedenste Hunde gibts im Themenbereich zu Hunderassen.
Was ist eine Qualzucht bei Hunden?
Eine Qualzucht ist das Züchten und Verpaaren von Tieren trotz oder sogar aufgrund bestimmter populärer, jedoch krankhafter Merkmale. Das Zuchtziel ist daher, ein bestimmtes Ideal zu erreichen, ohne Rücksicht auf Erbkrankheiten oder Schäden zu nehmen.
Nicht alle gezüchteten Defekte sind dabei sichtbar oder als krankhaft erkennbar, was es für Käufer:innen oft schwer macht, die Problematik zu erkennen.
Laut Paragraf 11b des Tierschutzgesetzes ist die explizite Züchtung von Tieren mit Erbanlagen, die zu Leid führen, in Deutschland verboten. Es ist jedoch nicht klar angegeben, ab wann ein bestimmtes Merkmal als Qualzucht verstanden wird.
Ursachen für Qualzucht
Es mag traurig klingen, aber auch was Hunde angeht, gibt es gewisse Trends. Um der Nachfrage nachzukommen und Profit zu machen, werden Hunde also ohne Rücksicht auf ihr eigenes Wohl gezüchtet. Umsatz und Erfolg im Hinblick auf das Aussehen der Tiere scheinen einigen Züchter:innen wichtiger als die Gesundheit der Vierbeiner.
Zudem ist oft die Unwissenheit der Käufer:innen sowie der Züchter:innen verantwortlich. So ist vielen beispielsweise bewusst, dass Möpse oder Bulldoggen schnarchen oder röchelnd atmen, jedoch nicht, welches Ausmaß dies haben kann.
Folgen für Hunde
Die Folge einer Qualzucht ist daher, dass der allgemeine Gesundheitszustand der Tiere deutlich schlechter ist. Auch die Lebenserwartung ist in der Regel um einiges kürzer.
Aufgrund der Schmerzen und Verhaltensauffälligkeiten bedarf es einiges mehr an Versorgung und Pflege sowie häufigere Besuche beim Tierarzt.
Die folglich höheren Tierarztrechnungen führen dabei nicht selten zu Überforderung der Halter:innen. Werden die Tiere daraufhin im Tierheim abgegeben, können diese überlastet werden.
Welche Hunderassen sind häufig von Qualzucht betroffen?
Oft ist es nicht ein einzelner Hund mit den gezüchteten Gendefekten, sondern die gesamte Rasse, die das erwünschte, aber gesundheitsgefährdende Erscheinungsbild aufweist.
Das heißt jedoch nicht, dass jeder Hund einer Rasse einer Qualzucht entstammt. Denn bei seriösen Züchter:innen wird streng auf vererbte Krankheiten und potenzielle Gendefekte geachtet.
Trotzdem betreffen Qualzuchten häufig - jedoch nicht ausschließlich oder zwingend - die folgenden Rassen:
- Australian Shepherd
- Französische Bulldogge
- Chihuahua
- Mops
- Dackel
- Deutscher Schäferhund
- Rhodesian Ridgeback
- Shar Pei
- Nackt- und Schopfhunde
- Teacup-Hunde
Merkmale von Qualzucht bei Hunden
Eine Qualzucht erkennt man häufig an attraktiven und gefragten Merkmalen, die in der Regel jedoch mit gesundheitlichen Problemen verbunden sind. Die gängigsten werden im Folgenden vorgestellt.
Blue-Dog-Syndrom
Sehr beliebt sind silberne oder blaue Hunde. Gemeint sind damit graue bis anthrazitfarbene Färbungen. Diese sind durch das Dilution-Gen möglich, welches die eigentliche Farbe aufhellt. Diese Pigmentveränderung betrifft sowohl das Fell als auch die Augen. Leider bleibt es nicht bei diesen Abweichungen.
Durch das Gen sind die Hunde häufig immungeschwächt und somit anfällig für Infekte. Sie leiden oft unter Leber- oder Nierenversagen und Magen-Darm-Problemen. Auch Ekzeme, Allergien und Haarausfall sind keine Seltenheit. Allgemein ist ihre Lebenserwartung niedriger.
Betroffene Rassen sind unter anderem:
- Dobermann
- Deutsche Dogge
- Greyhound
- Irish Setter
- Teckel
- Chow-Chow
Wirbelsäulenverkürzung (Brachy- und Anurien)
Bei einer Brachyurie (Kurzschwänzigkeit) oder Anurie (Schwanzlosigkeit) ist die Wirbelsäule stark verkürzt. Zusätzlich kann sie mit und ohne Verkrüppelung in Form eines Korkenzieher- oder Knickschwanzes auftreten.
Eine solche Verkrüppelung der Wirbelsäule ist häufig mit Missbildungen an anderen Stellen verbunden, wodurch die Rückenmarkentwicklung behindert wird. Dies führt wiederum zu neurologischen Problemen.
Betroffene Rassen sind unter anderem:
- Australian Shepherd
- Entlebucher Sennenhund
- Englische und Französische Bulldogge
- English Cocker Spaniel
- Mops
- Bobtail (Old English Sheepdog)
- Schipperke
- Welsh Corgi Pembroke
- Dackel
- Rottweiler
Rundköpfigkeit (Brachyzephalie)
Die Ausbildung eines runden Schädels zur Einhaltung des begehrten Kindchenschemas führt zu kurzen Schnauzen durch verkürzte Kiefer- und Nasenknochen und dadurch zu Plattnasen.
Diese können zu Gehirntumoren, Atembeschwerden und -not, Problemen bei der Thermoregulation sowie Schluckbeschwerden führen.
Auch Geburten bei der Qualzucht von Hunden können erschwert oder gefährlich werden, da der Kopf zu groß für den Geburtsweg der Mutter ist und in einem Kaiserschnitt endet.
Betroffene Rassen sind unter anderem:
- Französische Bulldogge
- Amerikanische Bulldogge
- Englische Bulldogge
- Mops
- Chihuahua
- Cavalier King Charles Spaniels
- Boston Terrier
- Boxer
- Mastiff
- Pekinese
- Shitzu
- Malteser
Zwergwuchs (Chondrodysplasie)
Bei der Chondrodysplasie handelt es sich um eine Kleinwüchsigkeit, bei der die Röhren- und Gesichtsknochen verkürzt sind. Dadurch kommt es beim Hund zu Kurzbeinigkeit.
Dieser Zwergwuchs führt in der Regel zu einem Bandscheibenvorfall, einer verstärkten Schmerzempfindlichkeit sowie zu Lähmungen. Zusätzlich können Probleme mit der Darmfunktion hervorgerufen werden.
Betroffene Rassen sind unter anderem:
- Dackel
- Basset
- Cocker Spaniel
- Kurzbeinige Terrier
- Pekinese
Hauteinstülpungen (Dermoid Sinus)
Ein weiteres Merkmal sind die Hauteinstülpungen durch Zystenbildung am Rücken. Diese können sogar bis in den Wirbelkanal reichen und zu Lähmungen der Hinterläufe führen. Weitere Symptome sind eine stärkere Schmerzempfindlichkeit sowie Entzündungen im zentralen Nervensystem.
Eine betroffene Rasse ist unter anderem:- Rhodesian Ridgeback
Augenkrankheiten (Ektro- und Entropium)
Einige Qualzuchten führen auch zu Augenkrankheiten. Ektropium ist das Ausrollen des unteren Augenlidrandes. Dabei kommt es nicht zum vollständigen Lidverschluss, was in stärkerem Tränenfluss, Bindehautentzündungen und Hornhautveränderungen resultiert.
Entropium ist dagegen das Einrollen der Augenlidränder, welches zu Horn- und Bindehautirritationen sowie -entzündungen führt.
Von Ektropium etroffene Rassen sind unter anderem:
- Basset
- Bernhardiner
- Bloodhound
- Bulldoggen
- Cocker Spaniel
- Neufundländer
- Shar Pei
- Bullterrier
- Chow Chow
- Pudel
- Rottweiler
- Sennenhund
- Shar Pei
Haarlosigkeit
Die gezüchtete Haarlosigkeit geht häufig mit Abwehrschwäche des Immunsystems einher. Weitere Folgen sind eine Empfindlichkeit der Haut, was zu Sonnenbrand, Allergien, Verletzungen und einem Fliegenbefall führen kann. Zudem haben solche Hunde oft Probleme, sich an klimatische Veränderungen anzupassen.
Betroffene Rassen sind unter anderem:
- American Hairless Terrier
- Chinesischer Schopfhund
- Mexikanischer Nackthund
- Peruanischer Nackthund
Hüftgelenksdysplasie
Eine Hüftgelenksdysplasie ist eine ungenügende Ausbildung der Hüftgelenke. Dadurch sind die Gelenke instabil, was zu Deformationen der Hüfte und zu schmerzhafter Lahmheit führen kann.
Betroffene Rassen sind unter anderem:
- Schäferhund
- Berner Sennenhund
- Golden Retriever
- Rottweiler
- Labrador Retriever
Idiopathische Muzinose
Ein weiteres Merkmal ist die extreme Hautfaltenbildung im Gesicht und in den Extremitäten. Diese können zu Rötungen und Juckreizen führen.
Gerade bei kurzköpfigen Hunden kann die überlappende Haut auch an den Augen reiben und zu Augenprobleme wie Hornhautreizungen oder sogar bis zum Erblinden führen.
Eine betroffene Rasse ist unter anderem:
- Shar Pei
Merle Syndrom
Sehr beliebt ist die Merle-Färbung bei Hunden. Verantwortlich ist eine Mutation, die dafür sorgt, dass das Farbpigment Eumelanin nur vereinzelt oder gar nicht vorkommt. Daraufhin entwickelt sich eine gesprenkelte Fellaufhellung, die jedoch manchmal mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen einhergehen kann.
Problematisch ist das Merle-Gen vor allem, wenn es von beiden Elternteilen vererbt wurde. Diese Doppelmerle-Hunde sind noch häufiger blind oder taub, besonders empfindlich gegenüber der Sonne sowie anfälliger für Hautkrebs und weisen auch häufiger Fehlbildungen des Skelettes auf.
Betroffene Rassen sind unter anderem:
- Australian Shepherd
- Collie
- Border Collie
- Dackel
- französischen Bulldoggen
- Chihuahuas
- Pudel
- Cocker Spaniel
- Beagle
- Labradore
Mehr zu diesem Thema erfährst Du unter: Merle-Hund - Ist das Merle-Gen gefährlich?
Teacup-Hunde
Immer noch im Trend sind auch kleine Toydogs, die gerade mal so groß sind, dass sie in die Handtasche passen. Die extremen Vertreter sind Teacup-Hunde; solche, die in Teetassen passen. Für die Züchtung dieser Modehunde werden nur die kleinsten und schwächsten gepaart. Ganz unproblematisch sind leider auch sie daher nicht.
Aufgrund ihrer Züchtung erleiden sie häufig Herzdefekte oder Knochenbrüche. Da sie wegen ihrer Größe viel herumgetragen werden und ihnen der Kontakt mit anderen Hunden verwehrt wird, werden sie nie richtig sozialisiert. Das führt bei den sonst niedlichen Kleinen oft zu Verhaltensproblemen.
Betroffene Rassen sind unter anderem:
- Chihuahua
- Zwergpinscher
- Yorkshire Terrier
- Toy-Pudel
Was kann man gegen Qualzucht bei Hunden tun?
Um Qualzuchten nicht zu unterstützen, sollte beim Kauf auf die Merkmale geachtet werden. Wenn eins der Merkmale auffällt, sollte man misstrauisch sein und den Vierbeiner nicht kaufen - auch nicht aus Mitleid oder wenn es sich um den Wunschhund handelt.
Weiterhin bedarf es Sensibilisierung der Käufer:innen sowie erhöhtes allgemeines Bewusstsein. Zusätzlich fordern Tierschützer, Gesetze anzupassen und zu konkretisieren.
Fazit: Augen auf beim Welpenkauf
Nicht alles, was gut aussieht, ist auch gut. Viele Hunde und sogar ganze Hunderassen müssen darunter leiden, um so auszusehen, wie ihre Besitzer:innen es wünschen.
Man sollte sich der Qualzucht bei Hunden bewusst sein und beim nächsten Kauf auf mögliche Anzeichen dafür achten.
Titelfoto: 123RF/pingpong56