Vogelbaby gefunden: Was Du nun tun und lassen solltest
Du hast in Deinem Garten ein Vogelbaby gefunden? Es macht einen etwas hilflosen Eindruck und nun fragst Du Dich, wie Du dem Tier am besten hilfst? Anfassen darf man sie ja nicht, oder? Wie man vorgehen sollte, wenn man einen Jungvogel gefunden hat, erfährst Du hier.
Ist Dir das schon einmal passiert: Bei der Gartenarbeit oder aber einem Spaziergang saß fast reglos ein Babyvogel im Gras oder hopste etwas tapsig und unbeholfen auf der Stelle hin und her? Sicher ist das Vogelbaby aus dem Nest gefallen. Jetzt fragst Du Dich: Was tun, wenn man einen Babyvogel gefunden hat?
Der erste Instinkt vieler Tierfreunde ist es häufig, den süßen Kleinen mit nach Hause zu nehmen, zu pflegen und selbst aufzuziehen. Das ist in der Regel ein gravierender Fehler. Jungvögel sind normalerweise nicht so hilfsbedürftig, wie sie aussehen. Die besten Überlebenschancen haben sie zudem bei ihren Eltern. Daher sollte man generell nicht einfach so und ohne triftigen Grund ein gefundenes Vogelküken von seinen Eltern trennen und mit nach Hause nehmen - egal, wie gut es gemeint ist.
Was stattdessen zu tun ist, hängt vom Zustand und Alter des Vogels ab. Genaueres erfährst Du nun.
Weitere Artikel zu tierischen Besuchern im Garten sowie Tipps für die Gartenarbeit findest Du im Naturgarten-Ratgeber.
Schnellhilfe: Vogelbaby gefunden - was tun?
Hast Du einen Jungvogel gefunden, kannst Du mit den folgenden Fragen herausfinden, wie Du ihm am besten helfen kannst.
Nackten Babyvogel gefunden
Ist das Küken ein noch nacktes, kaum gefiedertes Tier, dessen Federn noch in ihren Hülsen sind, handelt es sich um einen Nestling.
Dieser kann noch nicht fliegen oder sich selbst warmhalten. Ein Nestling braucht daher am ehesten menschliche Hilfe. Das heißt aber nicht, dass Du ihn jetzt mitnehmen solltest. Hebe ihn stattdessen vorsichtig an und prüfe zunächst, ob er verletzt ist.
Unverletzten Nestling gefunden
Ist der Vogel unverletzt, sollte er in sein Nest zurückgesetzt werden, wo er sicher ist und von seinen Eltern versorgt werden kann.
Dafür musst Du natürlich zum einen wissen, wo sich das Nest befindet. Zum anderen ist es auch eigentlich verboten, das Nest zu berühren, da das brütende Vögel stören und verschrecken kann.
Daher sollte man das Jungtier nur zurücksetzen, wenn das Nest leer ist und die Altvögel ausgeflogen sind.
Halte das Tier so lange mit Deinen Händen oder anderen sanft wärmenden Objekten, wie einem Wärmekissen (aber keiner Rotlichtlampe) warm, bevor Du es mit größter Vorsicht in das leere Nest setzen kannst.
Übrigens: Dass man Jungvögel nicht anfassen sollte, da die Eltern den Geruch wahrnehmen und sich dann nicht mehr um ihr Junges kümmern, ist ein Mythos. Vögel haben keinen sehr ausgeprägten Geruchssinn und werden auch nach menschlicher Berührung noch von Eltern angenommen.
Anschließend sollte man das Nest eine Weile aus der Entfernung oder etwas versteckt beobachten, um sicherzugehen, dass die Eltern zurückkommen und das Jungtier weiter füttern. Kommen keine Eltern, kann man versuchen, das Küken in ein Ammennest - ein Nest von anderen Vögeln gleicher Art - zu setzen. Diese Art der Adoption ist in der Regel erfolgreicher, je jünger das Küken ist.
Findet man kein passendes Nest, ist dieses nicht erreichbar, beziehungsweise ist das Nest zerstört und die Eltern tot, beispielsweise durch einen Sturm, kann das Küken mitgenommen werden und Kontakt mit dem NABU oder der Wildvogelhilfe aufgenommen werden.
Ausschließlich in diesen Fällen sowie bei Verletzung des Tieres darf das Vogelbaby mitgenommen werden.
Verletztes Vogelküken gefunden
Bei einem Sturz aus dem Nest kann sich das Vogeljunge Verletzungen zuziehen. Setzt man ein Vogelküken mit Beinbruch oder Luftsackriss ins Nest zurück, ist es zwar erstmal wieder sicher und warm, hat aber in Zukunft nur geringe Überlebenschancen.
Aus diesem Grund sollte man das Tier vorsichtig anheben, mitnehmen und wärmen. Ein Tierarzt kann sich um die Verletzungen kümmern, bevor Du es bestenfalls in eine Vogelauffangstation bringst.
Nutze dabei jedoch keinen Vogelkäfig, da sich das Tier in diesem verletzen kann, sondern einen Karton mit Löchern und ausstaffiert mit einem Handtuch.
Tipp: Telefonische Beratung sowie Listen mit Auffangstationen findest Du unter anderem beim Vogelschutzbund vom NABU sowie bei wildvogelhilfe.org.
Befiederten Jungvogel gefunden
Bei einem befiederten Jungtier mit komplettem Federkleid und höchstens vereinzelten Flaumfedern handelt es sich um einen Ästling. Diese verlassen ihr Nest bereits, um die Umgebung zu erkunden, ohne dass sie sicher fliegen können. Sie sind noch sehr unerfahren und immer noch abhängig von ihren Eltern, die sie außerhalb des Nests füttern.
Auch wenn sie etwas unbeholfen und tapsig aussehen, sollte man sie auf keinen Fall mitnehmen und sie von ihren Eltern trennen. Mit diesen sind sie nämlich noch durch Bettelrufe in Kontakt.
Beobachte daher von Weitem, ob das Tier verletzt wirkt.
Unverletzten Jungvogel gefunden
Findest Du in Deinem Garten einen unverletzten, gefiederten Jungvogel, solltest Du zunächst einmal warten. Dieser ist über Bettelrufe vermutlich in Kontakt mit seinen Eltern, die in der Umgebung auf Nahrungssuche sind.
Setze ihn auf keinen Fall ins Nest zurück, denn das bringt dem Vogel nichts, da dieser außerhalb des Nestes gefüttert wird, und kann zudem weitere Vögel im Nest aufschrecken und sie aus dem Nest verjagen, bevor sie überhaupt bereit sind.
Liest Du das gerade, nachdem Du bereits einen solchen Jungvogel gefunden und mitgenommen hast: keine Panik. Altvögel suchen ihr verschwundenes Jungtier bis zu 24 Stunden lang. Bringe das Tier also schnell wieder an den Fundort zurück, warte und beobachte aus der Entfernung für ein, zwei Stunden, ob die Eltern angeflogen kommen, um den Jungvogel zu füttern. Ist das nicht der Fall, und wird er auch nach einigen Stunden nicht gefüttert, ist er vermutlich doch auf menschliche Hilfe angewiesen.
Während es möglich ist, einen Vogel selbst aufzuziehen, ist eine Vogelauffangstation die bessere Alternative.
Generell gilt die Regel, Tiere bei ihren Eltern und in ihrem Umfeld zu lassen, da sie nur dort die besten Überlebenschancen haben.
Handaufzuchten, bei denen Menschen einen Vogel mit nach Hause nehmen und ihn eigenhändig pflegen und aufziehen, sind zwar möglich, jedoch nicht nur aufwendig und teuer, sondern auch nur wenig sinnvoll. Im Gegenteil: Handaufgezogene Vogelbabys haben natürlich nicht die Gelegenheit, ein natürliches Verhalten zu erlernen, was in Verhaltensstörungen enden kann. Diese Vögel sind häufig aggressiv, lassen sich durch artfremdes Verhalten auch nur selten wieder erfolgreich auswildern.
Vogelarten, die unabhängig vom Alter häufig menschliche Hilfe benötigen und deren Handaufzucht vom Vogelschutzbund nicht prinzipiell abgelehnt ist, sind Alpen- oder Mauersegler sowie Stockenten. Auch ausgewachsene Schwalben benötigen eventuell Hilfe, allerdings sollte man sich bei individuellen Fällen bei der Tierrettung melden. Bei diesen Arten bestehen zudem vielversprechende Chancen für eine erfolgreiche Auswilderung.
Ausnahmen zu dieser Regel liest Du in den folgenden zwei Abschnitten.
Verletztes Vogelbaby gefunden
Was tun, wenn das Tier offensichtlich verletzt ist? Dieser Fall bildet eine Ausnahme zu der Regel, scheinbar hilflosen Tieren nicht zur Hilfe zu kommen. Verletzte Tiere haben eine verminderte Überlebenschance.
Daher sollte man das Tier in eine Tierarztpraxis und anschließend in eine Vogelauffang- oder Pflegestation bringen.
Zur Erinnerung: Tue dies nicht in einem Vogelkäfig, sondern in einem mit Handtüchern ausgelegtem Karton mit Luftlöchern.
Wichtig: Vögeln sollte zum Füttern kein Wasser gegeben werden, da sie aufgrund des Atemlochs hinter der Zunge daran häufig schnell ersticken.
Gefüttert werden sollten die Jungen zudem nur, wenn sie sich schon etwas aufwärmen konnten und nicht mehr kalt und schwach sind, da sie sonst ersticken.
Vogelbaby in Gefahr gefunden
Eine weitere Ausnahmesituation betrifft Tiere, die sich in akut gefährlichen Situationen befinden. Ist das Küken beispielsweise von Katzen bedroht oder findet es sich im oder nahe dem Straßenverkehr wieder, ist es ok, dieses nicht weit entfernt in eine Hecke oder in einen anderen sicheren Grünbereich zu setzen, von wo es weiterhin nach seinen Eltern rufen kann.
Totes Vogelküken gefunden
Findest Du in Deinem Garten ein totes Vogelküken ohne sichtbare Verletzungen, das scheinbar an einer Infektion gestorben ist, solltest Du das Kreisveterinäramt informieren. Dieses kann die Gefahr der Vogelgrippe einschätzen. Tote Vögel werden auch vom Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) untersucht.
Hast Du unterwegs ein Vogelbaby gefunden, bei welchem Du den Verdacht auf illegale Verletzung oder Tötung, beispielsweise durch Gift oder eine Falle hast, mache am besten Fotos vom Vogel und dem Fundort, verändere dort aber nichts. Daraufhin kannst Du die Polizei benachrichtigen.
Fazit:
Vogelbabys werden gerne unterschätzt. Das noch etwas unbeholfene Hopsen von Vogelbabys lässt sie häufig verwaist und hilflos aussehen. Dabei sind sie noch in der Obhut ihrer Eltern und gar nicht abhängig von menschlicher Hilfe. Gut gemeintes, aber unnötiges Eingreifen kann daher zu negativen Auswirkungen führen.
Titelfoto: Unsplash/Joy Stamp