Corona-Tests im Vergleich: Soll's schnell gehen oder ganz genau sein?
Dresden - Bislang waren zwei Corona-Tests die Speerspitzen im Kampf gegen die Pandemie: Mit sogenannten PCR-Tests wurde das Virus selbst, mit Antikörpertests eine überstandene Infektion mit Sars-CoV-2 nachgewiesen. Jetzt sollen Antigentests (sogenannte Schnelltests) die Pandemie-Strategie ergänzen. Doch wie funktionieren sie und wie sicher sind die Ergebnisse?
Der herkömmliche PCR-Test weist in einer biochemischen Kettenreaktion die Erbsubstanz des Coronavirus nach - mit hoher Sicherheit.
"Die neuen Antigen-Schnelltests weisen dagegen nicht das Genmaterial des Erregers Sars-CoV-2 nach, sondern spezielle Eiweiße auf dessen Außenhülle - zum Beispiel das sogenannte Spikeprotein", erklärt Prof. Thomas Demant (67), Leiter des Instituts für Klinische Chemie und Labormedizin am Städtischen Klinikum Dresden.
Die Funktionsweise ähnelt einem Schwangerschaftstest. Untersucht wird in diesem Fall jedoch keine Urinprobe, sondern ein Nasen-Rachen-Abstrich. In einer speziellen Reaktion stellen sich die spezifischen Virusproteine als blauer Streifen auf einem Teststreifen dar.
"Die Ergebnisse liegen schon nach 15 bis 30 Minuten vor." Zum Vergleich: Die Bearbeitungszeit beim herkömmlichen PCR-Test dauert bis zu 24 Stunden - bei Überlastungen im Labor sogar noch länger.
Faustformel für Schnelltests
Außerdem sind die Schnelltests mit 5 bis 10 Euro je Untersuchung kostengünstiger. Beim PCR-Test schlägt allein das Verbrauchsmaterial mit mehr als dem Doppelten zu Buche.
Größter Nachteil der Schnelltests: Sie sind weniger empfindlich. "Das liegt daran, dass der Schnelltest erst ab einer gewissen Virenlast anschlägt", erklärt Demant. Man kann sich das Prinzip wie einen Musikverstärker vorstellen.
Während der PCR-Test einen Ton etwa 40 Mal verstärkt und damit laut hörbar macht, gibt es bei den Schnelltests keine vergleichbare Signalverstärkung. Hier müssen die Viren in der Probe ausreichen, um eine Farbreaktion auszulösen - ganz ohne Verstärker.
Als Faustformel für Schnelltests gilt: Verfärbt er sich blau, ist der Patient mit Sicherheit Corona-positiv. Bleibt der Farbumschlag aus, muss er nicht virenfrei sein.
Doch mit dem Schnelltest lassen sich gut sogenannte Superspreader ausmachen, die noch symptomfrei sind, aber viele Viren durch ihre Ausatemluft in die Umgebung wirbeln - wie am Flughafen oder in der Notaufnahme.
Dresdner Klinikum arbeitet mit cleverem Trick
Demant: "Schnelltests sind bei Notfallpatienten mit Atembeschwerden hilfreich, damit wir wissen, ob wir sie auf die Corona-Station verlegen müssen."
Doch der PCR-Test bleibt der Goldstandard. Um die knapp werdenden Test-Ressourcen zu sparen, wendet Demant einen cleveren, aber sicheren Gruppentrick an.
"Wir testen die Abstriche von zehn Kollegen unseres medizinischen Personals gleichzeitig in einer Probe. Ist das Ergebnis positiv, werden alle Probanden noch einmal separat getestet, um die Infizierten herauszufinden."
Dank dieser Methode benötigt das Dresdner Klinikum nur ein Zehntel der Test-Ressourcen. Dieses System funktioniert gut. Im Sommer waren alle Tests negativ.
"Das hat sich geändert", sagt Demant. "Inzwischen gibt es auch positive Testergebnisse, die wir rechtzeitig erkannt haben."
Auch Kliniken führen die neuen Tests ein
"Seit dieser Woche verwenden wir Schnelltests in den Notaufnahmen der Krankenhäuser Dresden-Friedrichstadt und Neustadt, in der Infektiologie in Neustadt-Trachau, an der Psychiatrie auf dem Weißen Hirsch und demnächst auch im Medizinischen Versorgungszentrum Friedrichstadt", sagt Kliniksprecherin Viviane Piffczyk.
"Wir setzen dabei parallel aber immer zusätzlich die empfindlicheren PCR-Tests ein, auch um die Genauigkeit der neuen Schnelltests besser einschätzen zu können."
Schon seit Frühjahr wird am Städtischen Klinikum Dresden (3600 Angestellte) beim Mitarbeiterscreening das Personal von besonders sensiblen Bereichen (z.B. Onkologie und Dialyse) zweimal wöchentlich mit PCR-Tests untersucht.
Eine Chance für mehr Heimbesuche?
Für die Nutzung von Schnelltests als Türöffner für Besucher in Pflegeheimen und ambulanten Diensten wird die praktische Umsetzung derzeit noch geklärt.
"Die Strategie ist gut. Doch die Tests sollen Pflegefachpersonen durchführen. Dies führt zu einem zeitlichen Mehraufwand in einem Umfeld ohnehin schon hoher Arbeitsverdichtung und geht auf Kosten der Kernaufgaben der Pflege", klagt Michael Junge (40), Vorsitzender des Sächsischen Pflegerats.
"Daneben bestehen Probleme bei der Refinanzierung der Tests, da die Pauschalen niedrig angesetzt sind und Lieferanten günstiger Materialien nur begrenzte Kapazitäten haben. Wir befürchten, dass die Einrichtungen darauf angewiesen sind, teurere Produkte einzukaufen."
Airlines setzen auf Schnelltests
Seit Donnerstag läuft bei Lufthansa ein Probelauf mit verpflichtenden Schnelltests.
Innerhalb von 30 bis 60 Minuten werden Passagiere vor Abflügen zwischen München und Hamburg damit auf das Coronavirus getestet.
Erst bei einem negativen Testergebnis wird die Bordkarte freigeschaltet und der Zutritt zum Flugsteig freigegeben.
Eurowings bietet ab Montag ein vergleichbares Procedere in Düsseldorf an. Für Fluggäste sind die Schnelltests kostenlos.
Sie müssen lediglich etwas mehr Zeit vor dem Abflug einplanen. Bewähren sich die Schnelltests, sollen sie auch bei Übersee-Verbindungen verpflichtend werden.
Die Hoffnung: Fliegen nur negativ getestete Passagiere, könnte das die Quarantäne überflüssig machen.
Einzig Antikörpertests gibt's auch für den Hausgebrauch
Ein Corona-Schnelltest für den Hausgebrauch darf laut Infektionsschutzgesetz nicht angeboten werden - zu kompliziert ist die korrekte Probenentnahme aus dem Nasen-Rachen-Raum.
In Apotheken und Drogerien kann man aber Antikörper-Tests kaufen.
Damit wird eine bereits überstandene Infektion mit dem Coronavirus nachgewiesen.
Für den Test sind wenige Tropfen Blut nötig, die in einem Probenröhrchen an ein Fachlabor geschickt werden müssen. Preis des Test-Kits: 59,95 Euro.
"Wir bieten den Test seit rund drei Wochen in unserem Onlineshop dm.de an. Die Nachfrage ist derzeit sehr hoch", sagt dm-Geschäftsführer Sebastian Bayer.
Ein positiver Antikörper-Test kann Reisenden Sicherheit geben, dass sie sich im Urlaubsland nicht mehr anstecken können.
Um ein richtiges Ergebnis zu liefern, ist jedoch der Zeitpunkt des Tests wichtig: Erst ein bis zwei Wochen nach einer Infektion werden Antikörper gebildet.
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