Deutscher Keks-Hersteller beschäftigte zur NS-Zeit viel mehr Zwangsarbeiter als gedacht!
Hannover - Beim bekannten Keks-Hersteller "Bahlsen" wurden neue Details aus einem düsteren Kapitel der Firmengeschichte bekannt.
Der Konzern mit Hauptsitz in Hannover hat seine Rolle zu Zeiten des Nationalsozialismus wissenschaftlich aufarbeiten lassen und die Ergebnisse am Dienstag veröffentlicht.
Bereits im Jahr 2019 erfolgte ein riesiger Aufschrei als Verena Bahlsen (31), Urenkelin des Unternehmensgründers Hermann Bahlsen (1859-1919) und Anteilseignerin, behauptete, dass Zwangsarbeiter während der Nazi-Diktatur bei Bahlsen "gut" behandelt und "genauso" entlohnt worden seien, wie deutsche Angestellte.
Das 1889 gegründete Familienunternehmen reagierte umgehend und kündigte eine unabhängige Aufarbeitung der eigenen Firmengeschichte an.
Damals gab das Familienunternehmen aus Niedersachsen noch an, dass im Zeitraum zwischen 1943 und 1945 rund 200 Zwangsarbeiter in der Produktion beschäftigt worden seien.
Diese Zahlen stimmten allerdings nicht, wie die nun veröffentlichte Studie offenbart.
Bahlsen: "Bedauern, dass wir uns dieser Wahrheit nicht früher gestellt haben!"
Dem am Dienstag veröffentlichten Bericht eines Expertengremiums der Universität Göttingen zufolge, wurden ab dem Jahr 1940 über 800 Zwangsarbeiter bei Bahlsen eingesetzt.
In einer Pressemitteilung vom Dienstag bedankte sich das Traditionsunternehmen für die "akribische Arbeit" der Wissenschaftler und betonte, dass die Geschehnisse "unentschuldbar" seien.
"Die Wahrheit über die damaligen Ereignisse ist unbequem und schmerzhaft. Wie bedauern das Unrecht, das diesen Menschen bei Bahlsen geschehen ist, zutiefst. Auch bedauern wir, dass wir uns dieser schwierigen Wahrheit nicht früher gestellt haben", heißt es.
Der "Hauptantrieb" der damaligen Führungsetage habe laut Bahlsen darin bestanden, das Unternehmen auch unter dem NS-Regime am Laufen zu halten. Ihre Vorfahren hätten sich das menschenfeindliche System deshalb "zu Nutze" gemacht - mit "schlimmen" Folgen.
Weil sich die traurige Firmengeschichte - wie bei vielen deutschen Traditionsunternehmen auch - aber nicht ändern lasse, wolle der Keks-Hersteller seinen Blick in die Zukunft richten und dafür Sorge tragen, dass sich die grausigen Geschehnisse nicht wiederholen.
Titelfoto: Bildmontage: Holger Hollemann/dpa, Friso Gentsch/dpa