Bei Orgelbau Eule sorgt der gute Ton für den guten Ruf

Bautzen - Orgelbauer sind Kunsthandwerker. Mit ihren goldenen Händen bauen sie Instrumente mit majestätischem Klang. In Bautzen ist der Orgelbau seit 151 Jahren beheimatet und untrennbar mit dem Familiennamen Eule verknüpft. Der renommierte Betrieb feiert in diesem Jahr ein besonderes Jubiläum. Am 15. März wäre Hans Eule 100 Jahre geworden. Als Akademiker im Orgelbau setzte er einst sein Wissen ein, um bahnbrechenden Innovationen den Weg zu bereiten.

Der Koreaner Sang Ook No (46) arbeitet bei Eule als Intonateur. Sein Job ist die klangliche Gestaltung der Orgelpfeifen. Um die jeweilige Pfeife in Klangfarbe und Lautstärke zu verändern, bearbeitet er mit Spezialwerkzeugen das "Gesicht der Pfeife".
Der Koreaner Sang Ook No (46) arbeitet bei Eule als Intonateur. Sein Job ist die klangliche Gestaltung der Orgelpfeifen. Um die jeweilige Pfeife in Klangfarbe und Lautstärke zu verändern, bearbeitet er mit Spezialwerkzeugen das "Gesicht der Pfeife".  © Steffen Füssel

"Als Hans Eule in den Betrieb eintrat, entwickelte sich die Orgelbewegung als Gegenströmung zu den Orgel-Romantikern. Die Romantiker liebten Orgeln mit schwülstigem Klang. Die Orgelbewegung hingegen forderte eine Rückbesinnung auf alte barocke Praxis und einen klaren Klang", erzählt Helmut Werner (80). Der Orgelbaumeister hat in der Firma noch unter Hans Eule gearbeitet.

Werner erinnert sich noch genau, wie Hans Eule sich damals positionierte. "Er ging den scharfen Schnitt trotz einiger Widerstände mit. Außerdem zeigte er sich offen für neue Ideen von Musikern und führte das Prinzip der Schleiflade hier wieder ein", sagt Werner.

Seinem Beispiel als Vorreiter folgten etwas später in Deutschland alle Orgelbauer.

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"Die Schleiflade ist das zentrale Windverteilungsorgan und das Herzstück einer Orgel", erklärt Anne-Christin Eule, die heute als geschäftsführende Gesellschafterin das Unternehmen managt. Die 47-Jährige bedauert sehr, dass sie ihren Großvater nicht mehr persönlich kennenlernen konnte.

Werner: "Er war ein charismatischer Mann und brillanter Kopf."

Ideen von Hans Eule leben weiter

Helmut Werner (80) mit einem Porträt von Hans Eule. Das Foto hängt normalerweise in der Werkstatt.
Helmut Werner (80) mit einem Porträt von Hans Eule. Das Foto hängt normalerweise in der Werkstatt.  © Steffen Füssel

Seine größten Orgeln mit vier Manualen baute er im Dom zu Halberstadt und in Zwickau. Mit 77 Registern und 6000 Pfeifen befindet sich in der Zwickauer Marienkirche die größte in der DDR erbaute Kirchenorgel.

In der Wirkungszeit von Hans Eule entstanden insgesamt 134 Orgeln, darunter auch Instrumente für den Export nach Schweden sowie in die Sowjetunion. Helmut Werner: "Leider verstarb Hans Eule im Alter von nur 48 Jahren an Krebs."

Seine Ideen leben aber weiter! Hans Eule verfeinerte die Konstruktion besagter Schleiflade und nährte mit etlichen Patenten den exzellenten Ruf des Familienbetriebs.

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Heute beschäftigt der Orgelbaubetrieb Hermann Eule in Bautzen 32 Mitarbeiter sowie drei Azubis. Anne-Christin Eule: "Wir suchen beständig Arbeitskräfte und Lehrlinge. Jeder, der bereit ist, sich für dieses Kunsthandwerk zu begeistern, sollte sich ermutigt fühlen, vorbeizuschauen."

Arbeit ist genug da. Die Firma Eule baut neue Orgeln und übernimmt Aufträge zur Restauration historischer Instrumente. Seit der Gründung des Unternehmens entstanden in der Wilthener Straße über 700 Orgel-Neubauten, mehr als 100 Orgeln wurden restauriert. Erst vor ein paar Tagen wurde in der britischen Universitätsstadt Oxford eine große Orgel Made in Bautzen eingeweiht. Gegenwärtig entsteht in der Werkstatt eine Orgel für die Katholische Pfarrkirche St. Franziskus in Regensburg-Burgweinting.

Weitere Vorarbeiten laufen für eine neue Orgel, die die evangelische Pfarrkirche in Schwäbisch Gmünd bestellt hat. "Zudem beschäftigt uns die Restaurierung einer Kirchenorgel in Jablonec nad Nisou", berichtet Anne-Christin Eule gut gelaunt.

Orgelbaumeister Dirk Eule (47) beim Einbauen der Mechanik. Jede neue Orgel wird vor der Auslieferung komplett in der Werkstatt aufgebaut. Lediglich die Montage der Pfeifen erfolgt erst an Ort und Stelle.
Orgelbaumeister Dirk Eule (47) beim Einbauen der Mechanik. Jede neue Orgel wird vor der Auslieferung komplett in der Werkstatt aufgebaut. Lediglich die Montage der Pfeifen erfolgt erst an Ort und Stelle.  © Steffen Füssel
In dieser Werkstatt entsteht gegenwärtig eine Orgel für Regensburg-Burgweinting. Die Orgel ist das einzige begehbare Instrument, das es gibt.
In dieser Werkstatt entsteht gegenwärtig eine Orgel für Regensburg-Burgweinting. Die Orgel ist das einzige begehbare Instrument, das es gibt.  © Steffen Füssel
Pfeifenmacher Thomas (56) bei der Arbeit. Orgelpfeifen werden meist aus einer Zinn-Blei-Legierung hergestellt.
Pfeifenmacher Thomas (56) bei der Arbeit. Orgelpfeifen werden meist aus einer Zinn-Blei-Legierung hergestellt.  © Steffen Füssel
Tom Bauer (19) lernt Orgelbauer. Holzarbeiten gehören im ersten Lehrjahr zu seiner Ausbildung.
Tom Bauer (19) lernt Orgelbauer. Holzarbeiten gehören im ersten Lehrjahr zu seiner Ausbildung.  © Steffen Füssel

Die Orgel ist ein Instrument mit viel Tradition

Die Orgel der Leipziger Nikolaikirche wurde 2004 von dem Bautzner Familienbetrieb restauriert, originalgetreu rekonstruiert und erweitert.
Die Orgel der Leipziger Nikolaikirche wurde 2004 von dem Bautzner Familienbetrieb restauriert, originalgetreu rekonstruiert und erweitert.  © imago/Westend61

Der Orgelbau ist eine jahrhundertealte Handwerkskunst. Er blickt in Sachsen als Teil der Kulturlandschaft auf eine lebendige Tradition zurück.

In Sachsen gibt es rund 2500 Orgeln. Darunter sind mehr als 130 historische Instrumente aus dem 17. bis 19. Jahrhundert, die vollständig oder größtenteils erhalten sind. Der Orgelbau und die Orgelmusik wurden 2017 in die UNESCO-Liste des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen.

Die Orgellandschaft Sachsens kennzeichnet eine besondere Vielfalt aus. Die berühmten Instrumente von Gottfried Silbermann genießen dabei eine nochmals herausgehobene Stellung. Der legendäre Orgel-Baumeister wurde 1683 in Kleinbobritzsch (bei Frauenstein) geboren.

Die Silbermannsche Orgelbauschule prägte bis zu dessen Tod 1753 in Dresden die gesamte Orgelbaukunst und nachfolgende Epochen: Gesamtkonstruktion und Klang machen die Orgeln einzigartig und bis in die Gegenwart unerreicht.

Die Große Freiberger Domorgel verkörpert den größten Orgeltyp Silbermanns und gehört heute zu den bekanntesten und bedeutendsten Barockorgeln der Welt.

So funktioniert eine Orgel: Ohne "Wind" geht nichts

Blick auf die Orgel im Zwickauer Dom. Das 6000 Pfeifen umfassende Instrument wurde von Hans Eule erbaut. Es zählt heute zu den größten Orgeln Deutschlands.
Blick auf die Orgel im Zwickauer Dom. Das 6000 Pfeifen umfassende Instrument wurde von Hans Eule erbaut. Es zählt heute zu den größten Orgeln Deutschlands.  © Jan woitas

Die Orgel wird als Königin der Instrumente bezeichnet. Tatsächlich können große Orgeln die Klangfülle eines ganzen Sinfonieorchesters imitieren.

Laut Definition ist die Orgel ein Blasinstrument aus skalenmäßig gestimmten Eintonpfeifen, die durch ein Gebläse gespeist und durch Klaviaturen eingeschaltet werden.

Die Hauptelemente einer Orgel stellen die Pfeifen, das Gebläse (Windversorgung) und die Klaviaturen (Manuale und die Pedale) dar. Die Kirchenorgeln in ihrer heutigen Form entwickelten sich im deutschsprachigen Raum im Spätmittelalter heraus.

Große Orgeln verfügen über drei bis vier Manuale. Die größten Instrumente besitzen bis zu sieben Manuale. Von allen in einer Orgel vorhandenen Pfeifen stehen nur wenige sichtbar vorn im sogenannten Prospekt.

Moderne Orgeln versuchen heutzutage die barocke und die romantische Stilepoche und deren Klangideale miteinander zu verbinden, sodass mit ihnen die Interpretation aller Musikrichtungen möglich wird.

Titelfoto: Steffen Füssel

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