Alle wollen was aufs Dach! Sachsens Solarbranche boomt
Freiberg/Dresden - In Sachsen und Sachsen-Anhalt ist in den vergangenen Jahren so etwas wie die Keimzelle für eine Renaissance der Solarindustrie in Europa entstanden. Nun sollen diese vielversprechenden Anfänge in einen kontinentalen Maßstab übertragen werden.
Aus dem Osten kommt das Licht: Sachsen produziert Solaranlagen rund um die Uhr. Über das Wie sprachen Sachsens Umweltminister Wolfram Günther (49, Grüne) und der Europaabgeordnete Michael Bloss (36, Grüne) am Montag in Freiberg und Dresden.
"In Europa haben wir erkannt, dass wir eine große Abhängigkeit haben - nicht nur beim Gas und beim Öl, sondern auch bei Solaranlagen", sagte Bloss bei einem Werksrundgang beim Solarmodulhersteller Meyer-Burger in Freiberg. Über 90 Prozent aller in Europa verbauten Solaranlagen kommen aus Fernost.
Käme Chinas Staatspräsident Xi Jinping (69) wie Putin (70) beim Gas auf die Idee, die Lieferung einfach einzustellen - tschüss, Klimawende!
"Wir müssen in Europa wieder Solaranlagen bauen können", betonte Bloss, der drei Jahre an der TU Dresden studiert hat.
Herstellung von Solarmodulen rund um die Uhr
Die Mitarbeiter von Meyer-Burger geben dafür jetzt schon alles: In einem Fünfschichtsystem, sieben Tage die Woche, 365 Tage im Jahr, entstehen täglich rund 6000 Solarmodule fürs Hausdach zu Hause. Der Wert ist immens.
"Alle 20 Minuten läuft bei uns ein Einfamilienhaus vom Band", pflegt Gunther Erfurt (50), Vorstandsvorsitzender bei Meyer-Burger, gelegentlich einzuwerfen.
Er studierte übrigens an der Westsächsischen Hochschule Zwickau und an der Bergakademie Freiberg - so viel zur hervorragenden Hochschullandschaft Sachsens. Bei der Übersetzung der Modulproduktion in den industriellen Großmaßstab soll die EU einen erheblichen Teil der Anschubfinanzierung leisten.
"Da braucht die europäische Ebene auch klare Ansprechpartner, und das sind die Regionen", sagte Sachsens Umweltminister Wolfram Günther.
Gemeint ist das von ihm selbst mitinitiierte Netzwerk SIRE (Solar Industry Regions Europe). Nur so kann Europa gegen die mächtige Konkurrenz aus den USA, Kanada oder Indien bestehen. Auf geht's!
Hohe Nachfrage nach Solar-Anlagen
Wegen gestiegener Strompreise und dem Wunsch nach mehr Unabhängigkeit vom Energiemarkt liebäugeln einer Umfrage zufolge viele Hausbesitzer mit einer Solaranlage auf dem eigenen Dach.
18,2 Prozent der befragten Hauseigentümer gaben an, schon eine Photovoltaikanlage zu besitzen. 65,7 Prozent wollen sich in absehbarer Zukunft eine solche installieren lassen, so das Ergebnis einer Umfrage des Hamburger Marktforschungsinstituts Appinio im Auftrag des Dresdner Unternehmens Solarwatt.
"Die Nachfrage nach Photovoltaik von Privatpersonen und Gewerbetreibenden ist ungebrochen", konstatierte Solarwatt-Geschäftsführer Detlef Neuhaus. Sein Unternehmen konnte im vergangenen Jahr den Umsatz auf 330 Millionen Euro mehr als verdoppeln.
In diesem Jahr wird mit Erlösen von mehr als einer halben Milliarde Euro gerechnet. Zugleich soll die Mitarbeiterzahl von gut 800 auf mehr als 900 wachsen.
Sonnenkraft-Achse wächst
Das Netzwerk der europäischen Solarindustrieregionen, kurz: SIRE, war auf Initiative Sachsens Ende Januar zunächst mit Andalusien (Spanien) und Kärnten (Österreich) gestartet.
Inzwischen sind dem Netzwerk auch Grand Est in Frankreich und die Region Liberec (Tschechien) beigetreten. Sachsen-Anhalt ist zwar ebenfalls schon etwas länger dabei, der offizielle Beitritt wurde aber erst am Montag in Dresden mit der Unterschrift von Wissenschafts- und Umweltminister Armin Willingmann (60, SPD) vollzogen.
Gespräche mit weiteren europäischen Regionen laufen derzeit.
Titelfoto: dpa/Jan Woitas