20 Jahre kein Rabattgesetz: Feilschen ist erlaubt, doch kaum jemand zieht es durch!

Dresden - "Kann man da noch was am Preis machen?" Auch wenn es sich die meisten Kunden nicht trauen – ein kleines bisschen Rabatt geht immer. Genau heute vor 20 Jahren wurde in Deutschland das Rabattgesetz abgeschafft. Bis 2001 war die Vergabe von Rabatten noch streng rechtlich geregelt, Rabatte wurden nicht einfach beliebig gewährt. Heute ist das anders. Doch wo und wie kann man eigentlich noch am Preis feilschen?

Schnäppchenjäger: Ex-Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (91) und seine Gattin Ingrid haben 2001 einen kleinen Skandal ausgelöst.
Schnäppchenjäger: Ex-Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (91) und seine Gattin Ingrid haben 2001 einen kleinen Skandal ausgelöst.  © imago/momentphoto/Röhner

Im Dezember 2001 sorgte Kurt Biedenkopf (91) für einen kleinen Aufreger. Sachsens Ex-Ministerpräsident war gemeinsam mit seiner Frau Ingrid (90) beim Möbelkauf in der Dresdner Ikea-Filiale. An der Kasse haben die Biedenkopfs 15 Prozent Preisnachlass für ihr Möbelstück durchgesetzt und somit 132 D-Mark gespart. Und das, obwohl der schwedische Möbelriese grundlegend eigentlich keine Rabatte gewährt.

Der Politiker sah sich im Recht – schließlich wurde ja wenige Monate zuvor das Rabattgesetz gekippt. Handeln war also erlaubt.

Seit 1933 und bis 2001 galt in Deutschland: Verbraucher bekommen höchstens drei Prozent Nachlass. Mit der Abschaffung des Gesetzes fürchteten Händler, dass die großen Player der Branche die Kunden mit großzügigen Rabatten an sich ziehen würden, wieder andere fürchteten die Heerscharen von Feilschern, die den Verkäufern den letzten Nerv rauben würden.

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"Quasi orientalische Verhältnisse, wenn man das Bild vom Basar bemühen will", sagt Lars Fiehler, Sprecher der Dresdner Industrie- und Handelskammer (IHK). "Nach zwei Jahrzehnten haben sich die Befürchtungen des kleinen und mittelständischen Handels nicht bewahrheitet."

Lars Fiehler weiß: "Rabatte winken ganz ohne Zutun heute an jeder Ecke."

Lars Fiehler, Sprecher der Industrie- und Handelskammer Dresden (IHK).
Lars Fiehler, Sprecher der Industrie- und Handelskammer Dresden (IHK).  © Steffen Füssel

Hier lässt sich sparen – und hier stehen die Karten eher schlecht

An jeder Ecke locken fette Rabatte – das war nicht immer so.
An jeder Ecke locken fette Rabatte – das war nicht immer so.  © imago images/Future Image/C. Hardt

Es lohnt sich zu handeln, sollte demnächst eine große Anschaffung anstehen. Aber eben nur so lange es sich nicht um preisgebundene Artikel wie Tabak oder Bücher handelt. Sinn mache es, vor allem bei höherwertigen Artikeln zu feilschen – denn hier ist die Gewinnspanne höher.

Zum Beispiel im Autohaus. Wer hier ordentlich pokert, zahlt deutlich weniger. Im Schnitt können Kunden beim Kauf eines Neuwagens bis zu 20 Prozent Nachlass aushandeln. Aber auch hier gibt es natürlich Grenzen.

"Bei Auslaufmodellen ist oft etwas möglich", sagt Udo Zybarth, Inhaber vom Autohaus Illgen in Stollberg. Aber: "Es gibt Modelle, bei denen sich nicht feilschen lässt – wie etwa bei Elektro-Fahrzeugen, da gibt es keine Handelsspanne", so Zybarth. "Das Gleiche gilt, sobald Hersteller einem Modell ein Facelift verpassen."

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Wo, wenn nicht auf einem Wochenmarkt, kann man so richtig nach Lust und Laune handeln? "Tatsächlich ist das gar nicht so üblich und ich habe das auf unseren Märkten so noch nie erlebt", sagt Madeleine Lukaß, Leiterin der Dresdner Wochenmärkte. "Preisnachlässe sind natürlich Sache der Händler, aber grundlegend sind die Preise an der Ware ausgeschrieben und da lassen die meisten Händler wenig mit sich reden."

Üblich seien aber kleine Zulagen, etwa wenn der Händler auf ein Kilo Äpfel noch einen extra Apfel mit in den Beutel packt.

Warum tun wir uns beim Feilschen so schwer?

Hier ist noch was zu holen: Bei Elektronikartikel können Kunden richtig sparen - wenn sie wissen, wie.
Hier ist noch was zu holen: Bei Elektronikartikel können Kunden richtig sparen - wenn sie wissen, wie.  © 123RF/Andrey Popov

Auch Sylvia Minke, Geschäftsführerin des Möbelhauses Richter in Neustadt, lässt sich nicht auf Feilschereien ein. "Wir bieten ohnehin unseren Hausrabatt an, mit dem unsere Kunden zufrieden sind", sagt Minke. Explizit nach Tiefpreisen würde aber auch hier niemand fragen.

Warum tun wir uns beim Feilschen eigentlich so schwer? Große Teile des Einzelhandels, so Lars Fiehler, versuchen unliebsame Preisverhandlungen durch das kräftige Schwingen der Rabattkeule im Keime zu ersticken.

Heike Teubner von der Verbraucherzentrale Sachsen aber ermutigt Kunden, mit Geschick zu verhandeln. "Grundsätzlich winken in jeder Branche Rabatte", sagt Teubner. "Vor allem bei Unterhaltungselektronik gibt es große Rabattmöglichkeiten."

Wer ein Schnäppchen schlagen möchte, sollte sich online einen Überblick über die Preislage des Produkts verschaffen. "Hier lassen sich mittlerweile viele Händler auf Nachlässe ein", so Teubner.

Wer beweisen kann, dass der Wunschartikel im Internet deutlich günstiger zu bekommen ist, kann im Geschäft sparen.

Titelfoto: Montage: imago images/Future Image/C. Hardt, Steffen Füssel

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