Wie nackt darf man eigentlich sein?
Dresden - Heute verpönt, früher ganz normal: Beim Baden, Sonnen und Saunieren vollständig nackt zu sein, hat eine lange Tradition. Im alten Griechenland wurde sogar nackt Sport getrieben - allerdings wetteiferten weibliche und männliche Athleten getrennt voneinander.
Auch Otto von Bismarck soll bekennender Nacktbader gewesen sein. Außer in Deutschland - und früher im alten Rom - geht man weltweit nicht nackt in die Sauna, wickelt verstohlen ein Handtuch um die Hüfte. Auch die freizügige FKK-Tradition hat immer weniger Anhänger - aber ganz treue!
Wie viel Haut ist erlaubt - im Büro, in der Oper, im Sterne-Restaurant, beim ersten Date, in der Kirche oder beim Vorstellungsgespräch?
Stilberaterin Evelyna Schubert (45) vom Lamettanest in Dresden, einem Studio für Angewandte Kunst, sagt, was angemessen ist.
„Minirock, kurze Freizeithose und Badelatschen sind im Büro tabu“, sagt Mode-Expertin Schubert. Spaghetti-Träger und Achsel-Shirt gehören in die Freizeit. Sicher, niemand will sich im Hochsommer ins Nirwana schwitzen.
„Aber bitte Form wahren.“ Wenn kurz, dann die italienische Variante, also Anzughose bis zum Knie, dazu langärmliges Hemd und Ledersandalen, aber bitte ohne Socken. Die Knie-Länge gilt auch für den Rock.
„Frau möchte ja als professionelle Fachkraft wahrgenommen werden und nicht als sexy Biene.“ Aber stets Sichtachsen mitbedenken. Denn das Kostüm rutscht beim Sitzen nach oben. Und es gibt auch den Blick unter den Bürotisch...
Gleiches gilt im Sterne-Restaurant und in der Kirche. Ob Männer mit zu weiten Shorts oder Damen im Mini-Dress, verderben Sie niemandem den Appetit, wenn Sie unfreiwillig Einblicke gewähren.
Wichtig im Gotteshaus: Mindestens Schultern und Knie bedecken.
Und wie geht man im Hochsommer zum Vorstellungsgespräch? „Auf gar keinen Fall sexy.“ Damit die nassen Haare nicht am Hinterkopf kleben, eventuell über eine Hochsteckfrisur nachdenken.
Im Konzert oder der Oper darf es dafür offener sein. Spaghetti-Träger und Neckholder sind erlaubt. Wer es sich leisten kann, darf Rücken zeigen. Selbst ein Minirock ginge, wenn oben alles geschlossen ist.
Faustregel: Wenn unten wenig, dann oben viel - oder umgekehrt.
Wer das traditionelle, lange Abendkleid wählt, darf also Dekolleté zeigen. Oben und unten kurz - also Cocktailkleid - wäre die Party-Variante.
Ins Rockkonzert oder die Kneipe darf es dafür leger sein. Am Stadtstrand oder im Biergarten sind sogar Hotpants drin. Aber bitte mit Feingefühl abwägen, ob es wirklich noch top aussieht.
Unbedingt Zurückhaltung ist beim ersten Date geboten. „Keinen roten Lippenstift, es sei dann, man trägt ihn sowieso jeden Tag.“ Besser gut gepflegt, aber gemäßigt. Tipp: Wer einen Gang runterfährt, kann nochmal nachlegen.
Blank in die Berge
Martin Nitsche (29) wanderte schon immer gern durch die Natur. Doch die verschwitzten Klamotten störten ihn. „Ich hab mich oft erkältet“, sagt er. Dann entdeckte er das FKK-Baden. Warum nicht beides verbinden?
2005 stieß er endlich auf die Nacktwanderfreunde. Der offene Kreis kündigte gerade die nächste Nacktwanderwoche an. Und Martin Nitsche zog sich aus und lief mit.
Heute ist er begeisterter Naturist. Mit seinen neuen Bekannten erklimmt er die Gipfel der Sächsischen Schweiz. Die Reaktionen sind meist positiv. „Manche lächeln, andere sind amüsiert.“
Bei der zehnten Sächsischen Nacktwanderwoche vom 7. bis 17. August ist jeder willkommen. Es gibt Nackt-Wanderungen durch die Sächsische Schweiz und einen Nackt-Fahrradausflug nach Dolni Grund in Tschechien.
Infos: www.nacktwanderfreunde.de
Auch beim FKK gibt‘s Regeln
Gaffen verboten
Kaum ein Körper ist im klassischen Sinne perfekt. Der eine trägt Narben oder Muttermale, der andere eine ausgeprägte Behaarung oder Speckröllchen. Na und?! Jeder soll sich am FKK-Strand wohlfühlen. Penetrantes Gaffen und Anstarren sind daher absolut tabu!
Abstand halten
In puncto Privatsphäre hat jeder seine eigene Toleranzgrenze. Rücken Sie den Nachbarn also nicht zu sehr auf die Pelle. Distanz ist angesagt. Falls Sie sich die Beine vertreten müssen, laufen Sie bitte nicht mit der Bierflasche zwischen den ausgebreiteten Handtüchern der anderen auf und ab.
Ausziehen ist Pflicht
Wie der Name schon sagt, herrscht am Nacktbadestrand Textilfreiheit. Wenn Sie sich an einen FKK-Strand verirren, dann erwarten die anderen Badegäste von Ihnen, dass Sie sich nackig machen - oben und unten. Eine Ausnahme gibt‘s bei Familien mit Teenagern. Falls die Eltern blank ziehen, können die jugendlichen Kinder die Badesachen anlassen.
Und beim Essen
Mit nacktem Hintern auf dem Barhocker am Cocktail nippen oder ins Schnitzel beißen? Unästhetisch und unhygienisch! Bitte verderben Sie niemandem den Appetit. Tun Sie sich und den anderen Gästen einen Gefallen und wickeln Sie sich ein Handtuch oder ein Tuch um die Hüften.
Keine Fotos, bitte!
Mit der Kamera oder dem Handy auf den Baum klettern und den Sonnenuntergang aufnehmen? Das könnte missverstanden werden. Am FKK-Strand sind Fotografieren und Filmen verboten! Schalten Sie das Smartphone aus.
Bloß nicht fummeln!
FKK-Fans genießen das Gefühl der Freiheit. Das gilt aber eher fürs Nacktsein, weniger für Erotik. Sex am Strand ist tabu. Paare sollten keinesfalls intim miteinander umgehen. Andere Gäste könnten sich dadurch belästigt fühlen.
Titelfoto: 123RF