Was bei tödlichem Flixbus-Unfall auf A9 für "wertvollen Zeitverlust" sorgte

Wiedemar - Nach dem tödlichen Flixbus-Unfall auf der A9 mit vier Toten sind noch immer zahlreiche Fragen offen. In einem Interview mit dem Mitteldeutschen Rundfunk hat nun Unfallforscher Siegrfried Brockmann erklärt, wie sicher Doppelstockbusse sind - und was bei der Tragödie für einen "wertvollen Zeitverlust" sorgte.

Siegfried Brockmann, Unfallforscher und Leiter des Bereichs Verkehrssicherheit bei der Björn-Steiger-Stiftung.
Siegfried Brockmann, Unfallforscher und Leiter des Bereichs Verkehrssicherheit bei der Björn-Steiger-Stiftung.  © Montage: Jan Woitas/dpa + Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Brockmann ist Unfallforscher und Leiter des Bereichs Verkehrssicherheit bei der Björn-Steiger-Stiftung. Ihm zufolge sei Busfahren nicht sicherer als Autofahren - aber auch nicht gefährlicher.

"Die Busindustrie sagt ja sehr gern, dass sie viel sicherer sei", so der Unfallforscher. "Dazu bemüht sie die Personenkilometer, also die Zahl der Kilometer multipliziert mit der Zahl der Insassen. Das ist nicht ganz falsch, nützt aber dem Einzelnen nichts. Deswegen ist es mir lieber, wir sehen nur auf die gefahrenen Kilometer."

Bei einem Doppelstockbus bestehe zudem eine höhere Möglichkeit, dass er kippt. Der Grund: die sogenannte Hochachse liegt höher.

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Sollte er sich überschlagen, könne die Dachkonstruktion relativ schnell eingedrückt werden, da sie recht fragil ist.

Unfallforscher gibt Tipps für Bus-Passagiere: "Das Anschnallen ist enorm wichtig"

Der Flixbus war bei dem Unfall auf die rechte Seite gekippt und hatte so die Türen blockiert. Die Rettung der Verunglückten wurde so komplizierter und umständlicher und nahm letztlich mehr Zeit in Anspruch.
Der Flixbus war bei dem Unfall auf die rechte Seite gekippt und hatte so die Türen blockiert. Die Rettung der Verunglückten wurde so komplizierter und umständlicher und nahm letztlich mehr Zeit in Anspruch.  © Jan Woitas/dpa

Im Fall des A9-Unfalls habe jedoch ein anderer Umstand für Probleme gesorgt: Der Bus war auf die rechte Seite gekippt und hatte dadurch die Türen blockiert.

Die Rettungskräfte hätten über die obere Scheibe in den Bus gelangen müssen, um den Verunglückten zu helfen. Ein kompliziertes und umständliches Vorgehen. "Oder sie mussten den Bus erst aufrichten. Das bedeutet wertvoller Zeitverlust, wenn wir Schwerverletzte haben."

Eine Rettung von Passagieren von oben über die nicht blockierte Seite sei derweil sogar noch komplizierter oder sogar unmöglich. "Die linke Busseite zeigt in etwa drei Metern Höhe nach oben. Sie müssen in dieser Höhe arbeiten und Schwerverletzte nach oben hinaus hieven, um sie dann wieder drei Meter nach unten auf den Boden zu bringen. Unter diesen Umständen kann eine Bergung sehr langwierig und kompliziert sein."

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Einen Tipp, wo man im Doppelstockbus am sichersten sitzt, konnte der Experte nicht geben. "Das hängt von den Details des Unfalls ab. [...] Der Rat, den ich gebe, ist, dass man im Zweifel nicht damit rechnen muss, dass ständig Unfälle passieren."

Brockmann mahnte jedoch noch einmal, auch im Bus stets den Gurt anzulegen. "Das Anschnallen ist enorm wichtig."

Titelfoto: Montage: Jan Woitas/dpa + Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

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