Viele Fragezeichen nach tödlichem Flixbus-Unfall: "Wird länger dauern, das Geschehen zu verarbeiten"
Wiedemar - Auf der A9 bei der Anschlussstelle Wiedemar spielten sich am Mittwoch dramatische Szenen ab: Bei seiner Reise von Berlin nach Zürich kam ein Flixbus plötzlich von der Fahrbahn ab und landete im Graben. Vier Personen starben, mehr als dreißig wurden verletzt. Jetzt gilt es, die Ursache für den tragischen Unfall zu ermitteln.
Laut RTL soll ein Augenzeuge beobachtet haben, wie der Reisebus, der mit 52 Passagieren und zwei Fahrern unterwegs war, bereits vor dem Unfall seine Spur nicht gehalten hatte. Wie TAG24 von einer Polizeisprecherin erfuhr, war nach ersten Erkenntnissen wohl kein weiteres Fahrzeug beteiligt.
Ob dem tatsächlich so war, ist nun Gegenstand der Ermittlungen. Dafür stehe zunächst die Befragung von Zeugen und Ersthelfern im Fokus.
"Die Patienten haben uns geschildert, dass sie geschlafen und gedöst haben und plötzlich ist der Bus von der Fahrspur abgekommen. Und dann gab es ein großes Durcheinander, als die Menschen durch den Bus fielen", weiß der Hallenser Unfallmediziner Dr. Christian Dumpies, der sich um mehrere Verletzte kümmerte.
Zwar herrscht in den Flixbussen eigentlich Anschnallpflicht - nur die wenigsten Personen halten sich allerdings daran. Unterdessen betont das Unternehmen, dass der Fahrer seine Lenk- und Ruhezeiten eingehalten und zum Unfallzeitpunkt erst knapp zwei Stunden ab Steuer gesessen hat.
Einsatzkräfte müssen das Geschehen noch verarbeiten
Zunächst war von fünf Toten die Rede gewesen, am späten Mittwochabend korrigierte die Behörde diese Zahl dann aber auf vier: "Eine der Polizei zunächst als verstorben vermeldete Person befindet sich in einem lebensbedrohlichen Zustand", so Polizeisprecher Olaf Hoppe, der den ganzen Tag vor Ort war und die ersten Stunden nach dem Unfall als "unübersichtlich" bezeichnete.
Die Identität der vier Todesopfer war auch am Donnerstagmorgen noch nicht geklärt. Laut einer Sprecherin bemühe man sich, im Laufe des Tages Angaben zum Alter und Geschlecht machen zu können.
Neben den 29 Leicht- und sechs Schwerverletzten mussten auch zwei Insassen eines anderen Busses, die als Ersthelfer einsprangen, vom Rettungsdienst behandelt werden. Sie hatten einen Schock erlitten.
Und auch an den Einsatzkräften ging der Einsatz natürlich nicht spurlos vorbei: Sachsens Innenminister Armin Schuster (62, CDU) sprach vor Ort davon, dass man den Feuerwehrleuten den Schock "im Gesicht angesehen" hatte.
So ein Einsatz sei belastend für alle, sagt auch Olaf Hoppe, "egal ob man Insasse oder Zeuge oder Polizist oder Feuerwehrmann oder Rettungskraft ist. (...) Für die Einsatzkräfte wird es sicherlich noch länger dauern, das Geschehen zu verarbeiten."
Es war nicht der erste tödliche Flixbus-Unfall auf der A9: Im Mai 2019 war ein Bus ebenfalls nahe Leipzig von der Fahrbahn abgekommen und in den Graben gekracht. Eine 63-jährige Frau starb, nahezu alle anderen Insassen wurden teils schwer verletzt.
Titelfoto: Jan Woitas/dpa