Nach Horror-Unfall auf A4: Wurde die Seniorin zum falschen Arzt geschickt?
Zwickau - Der tödliche Geisterfahrer-Unfall auf der A4 wird immer obskurer. Die Verursacherin (82) war der Fahrerlaubnisbehörde jahrelang bekannt. Offenbar unterliefen der Behörde bei der Bearbeitung Fehler, die den Todescrash auf der Autobahn erst möglich machten.
Die Polizei hatte die Seniorin nach mehreren Vorkommnissen bei der Fahrerlaubnisbehörde gemeldet. Weil keine bestimmte Erkrankung bei der Rentnerin bekannt war, habe die Behörde die Seniorin zum "Statusbericht" beim Hausarzt geschickt, der eine Fahrtauglichkeit attestiert habe.
Falsch, sagt der Chemnitzer Verkehrspsychologe Dr. Bernd Wiesner (57): "Die Behörde muss einen qualifizierten Gutachter beauftragen, keinesfalls den Hausarzt, der auch befangen ist."
Wiesner zitiert die Fahrerlaubnisverordnung. Paragraf 11: "Der Facharzt ... soll nicht zugleich der den Betroffenen behandelnde Arzt sein." Der Landkreis ließ am Freitag eine TAG24-Anfrage zu den Vorwürfen unbeantwortet.
Bernd Wiesner ist gegen generelle Gesundheitstests auch für Senioren: "Wer soll das kontrollieren? Von 2000 bis 3000 Geschwindigkeitsdelikten wird nur einer erwischt." Nach seiner Meinung brauche die Polizei mehr Personal - "und Zwickau einen Landrat, der seine Behörde kontrolliert".
Der Zwickauer Fahrlehrer Jens Kienast (54) stimmt zu: "Niemand ist personell in der Lage, den Verkehr wirklich zu überwachen. Auch für Tests fehlt Personal."
Der sächsische Fahrlehrerverband wendet sich gegen Gesundheitstests für Autofahrer. Vorsitzender Andreas Grünewald (58): "Das eigentliche Problem liegt in der Akzeptanz der Verkehrsregeln. Hier sind die älteren Verkehrsteilnehmenden ganz sicher nicht die Problemgruppe."
Titelfoto: Andreas Kretschel/Uwe Meinhold