Hätte die tödliche Geisterfahrt auf der A4 verhindert werden können? Arzt nannte Seniorin fahrtauglich

Glauchau - Eine 82-Jährige fuhr am Mittwoch verkehrt auf die A4. Bei einem schrecklichen Unfall zwischen Glauchau und Crimmitschau starben in der Folge die Geisterfahrerin und ein Familienvater (52) aus Thüringen. Was seitdem viele beschäftigt: Hätte dieser Unfall verhindert werden können?

Die Suzuki-Fahrerin (82) bog falsch auf die A 4 ab und raste gegen einen Audi. Zwei Menschen starben. Nun wird über Führerscheintests diskutiert.
Die Suzuki-Fahrerin (82) bog falsch auf die A 4 ab und raste gegen einen Audi. Zwei Menschen starben. Nun wird über Führerscheintests diskutiert.  © Andreas Kretschel

Schon lange vor dem tödlichen Zusammenstoß waren Zweifel an der Fahrtauglichkeit der alten Dame laut geworden - das bestätigte der Landkreis Zwickau auf TAG24-Nachfrage.

Informationen aus Sicherheitskreisen zufolge hatte die Polizei die zuständige Fahrerlaubnisbehörde bereits in den Jahren 2020 und 2021 darüber informiert.

Die Hinweise sollen wegen einer angeblichen Unfallflucht der Seniorin 2019 sowie nach Bürgerhinweisen zu einer unsicheren Fahrweise ergangen sein. Die Fahrerlaubnisbehörde weist Vorwürfe gegen die Behörde zurück. Nach den Hinweisen sei der Frau aufgetragen worden, einen "Statusbericht" bei ihrem Hausarzt einzuholen.

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"Das Ergebnis der Gesamtschau war: geeignet", bestätigte eine Sprecherin. Diese Prüfung sei kein Einzelfall. Nach Angaben der Behörde gingen im Vorjahr 592 Mitteilungen zu angeblich fahruntüchtigen Verkehrsteilnehmern ein.

Der schreckliche Autobahnunfall erneuert die Diskussion im Bundestag um Führerscheinprüfungen für Senioren. Frank Müller-Rosentritt (40, FDP) wünscht sich "eine Debatte, ob ab einem bestimmten Alter eine Prüfung angebracht wäre".

Marco Wanderwitz (47, CDU) möchte erst nachschauen, ob es sich hier um ein systemisches Versagen handelte. Detlef Müller (58) will das Thema Gesundheitstests "mit in die SPD-Bundestagsfraktion nehmen".

Die Seniorin war der Fahrerlaubnisbehörde schon bekannt. Doch ein Arzt hatte ihr Fahrtüchtigkeit attestiert.
Die Seniorin war der Fahrerlaubnisbehörde schon bekannt. Doch ein Arzt hatte ihr Fahrtüchtigkeit attestiert.  © Ralph Kunz

Jeder fünfte Unfall geht auf das Konto von Senioren

Rentner verursachen relativ viele Verkehrsunfälle - allerdings weniger als Fahranfänger bis 24. (Symbolbild)
Rentner verursachen relativ viele Verkehrsunfälle - allerdings weniger als Fahranfänger bis 24. (Symbolbild)  © Patrick Pleul/dpa

Senioren über 65 sind verantwortlich für viele Unfälle in Sachsen. Nach Angaben des Innenministeriums verursachten Rentner über 65 im Vorjahr von Januar bis September 1760 Unfälle mit Personenschaden.

Im Jahr davor 1482. Dabei starben im Vorjahr 25 Menschen, 2021 waren es 22.

Im Bereich der Polizei Zwickau verursachten Senioren (ab 65) 2021 gut 2400 Verkehrsunfälle. 2020 waren es fast 2500 - jeweils fast ein Fünftel aller Unfälle.

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Senioren unterliegen auch schwersten Irrtümern. Im Dezember wendete ein Autofahrer (80) auf der A38 in Thüringen, riss bei einem Crash sich und zwei weitere Menschen in den Tod.

Test für alle

Kommentar von Bernd Rippert

Dieser schreckliche Unfall auf der A4 muss Folgen haben. Seit Jahren diskutiert die Politik ohne Ergebnis über Führerscheintests für Senioren. Jetzt hat wieder eine 82-Jährige sich selbst und einen anderen Menschen in den Tod gerissen. Nach diesem grauenvollen Ereignis dürfen wir nicht zur Tagesordnung übergehen.

Vor allem nicht nach der Vorgeschichte. Die Seniorin war mehrfach unsicher im Verkehr aufgefallen. Die Polizei hatte das ordnungsgemäß an die Fahrerlaubnisbehörde gemeldet. Dort hatten die Beamten den Hausarzt der Frau beauftragt, ein Gutachten zu schreiben. Das Attest für die Seniorin lautete: fahrtauglich.

Wir brauchen dringend ein professionelleres System, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Meine Lösung lautet: regelmäßige Gesundheitstests für alle. Ja, auch für junge Leute, damit gar nicht erst der Verdacht aufkommt, jemand wolle nur Rentner drangsalieren.

Mein Vorschlag: anfangs einen Test alle zehn Jahre, ab 60 alle fünf und ab 70 alle zwei Jahre. Wer besteht, darf weiterfahren. Wer nicht, muss in eine tiefgehende Prüfung.

Titelfoto: Andreas Kretschel

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