"Chaotische Verhältnisse!" Erneuter Todesfall in Sachsen-Knast
Dresden - Nach dem Selbstmord des mutmaßlichen Terroristen Dschaber al-Bakr (†22) in der JVA Leipzig musste die sächsische Justiz viel berechtigte Kritik einstecken. Jetzt ist schon wieder ein Mann hinter Gittern gestorben - diesmal in Dresden. Die Gefangenengewerkschaft spricht von „chaotischen Verhältnissen“.
Tatort Haftzelle! Am Freitagmittag wurde Schwerverbrecher Mirko S. (†39) tot in seiner Zelle aufgefunden. Die Dresdner Staatsanwaltschaft ermittelt. Eine Obduktion soll die Todesursache klären.
„Hinweise auf Fremdverschulden liegen nicht vor“, so Oberstaatsanwalt Lorenz Haase (57). Der Gefangene habe sich weder erhängt noch die Pulsadern aufgeschnitten. Mitinsassen gehen davon aus, dass er gezielt eine Überdosis Medikamente oder Drogen einnahm. Der gebürtige Eilenburger (Landkreis Nordsachsen) soll bereits mehrmals versucht haben, sich hinter Gittern das Leben zu nehmen.
In Freiheit wäre Mirko S. wohl nie mehr gekommen.
Er saß bereits eine zehnjährige Jugendstrafe wegen Mordes ab, brachte nach seiner Entlassung 2008 in der Dresdner Neustadt eine Rentnerin (†84) um, erhielt dafür 2009 lebenslang mit anschließender Sicherungsverwahrung.
Trotz seines verpfuschten Lebens: Die Gefangenengewerkschaft (GG/BO), eine Interessenvertretung, bezeichnet seinen Tod als „weiteren tragischen Höhepunkt der chaotischen Verhältnisse in sächsischen Justizvollzugsanstalten“. Es gebe erheblichen Personalmangel. Seit Monatsmitte sei demnach keine medizinische Betreuung in der JVA Dresden gewährleistet, nur Notfälle würden versorgt werden.
Die JVA Dresden ließ mehrere TAG24-Anfragen unbeantwortet. Justizminister Sebastian Gemkow (38, CDU) kann 2017/18 seine Gefängnisse aufrüsten, hat 105 neue Personalstellen zur Verfügung.
Zu Todesfällen in sächsischen Gefängnissen kommt es übrigens regelmäßig: 2016 starben sieben Personen. Vier davon durch Selbstmord, eine davon in Dresden.