Sven Hannawald: "Ich bin im Urlaub komplett zusammengeklappt"
Leipzig - Er war ein gefeierter Skispringstar, gewann als erster und bisher einziger Sportler alle Springen der Vierschanzentournee und somit auch den Gesamtwettbewerb. 2005 beendete Sven Hannawald (43) seine Karriere, weil er unter einen Burnout litt. Im MDR-Riverboat sprach der gebürtige Erzgebirger über seine wohl schwierigste Zeit.
„Wenn ich ein Bild von mir von damals jetzt heute so sehe, und mich nicht kennen würde, würde ich definitiv sofort sagen: Der hat sie wohl nicht alle, der ist krank, der muss sofort in eine Klinik“, sagt Hannawald. Sein Gewicht und die mögliche Magersucht gingen monatelang durch die Presse. Krank war er aber nicht, betont der Ex-Skispringer.
„Ich kannte meinen Körper, ich war mit unserem Arzt im Kontakt, was meine Blutwerte angeht, weil ich genau wußte: Es ist in - in Anführungsstrichen - leider mein erfolgreicher Weg, bei 1,85 m Körpergröße mit so wenig wie möglich Gewicht zu springen und dadurch einen Wettbewerbsvorteil zu haben.“
Nur so konnte Hannawald seinen Traum verwirklichen. „Ich musste diesen Weg gehen, weil ich mit mir selber eine Rechnung offen hatte: Ich wollte die 'Vierschanzen-Tournee' gewinnen. Ganz einfach.“
Er gewann, der Rest ist Geschichte. Danach folgte der Burnout. Bereits etwa ein Jahr vor seinem offiziellen Karriere-Aus wusste der Sportler, dass etwas nicht stimmte.
„Das war eigentlich nach der Saison 2003/2004 in Salt Lake City beim Weltcup. Da war ich wieder körperlich am Ende, was nicht untypisch war für mich. Ich bin dann in den Urlaub gegangen und da habe ich gemerkt, dass ich eine innere Unruhe hatte und eine Müdigkeit. Ich habe mich in Beschäftigungen geflüchtet um mich zu abzulenken, die innere Unruhe los zu werden, war dann aber auch wieder müde.“
Lange haben die Ärzte keine Ursache für Hannawalds Beschwerden finden können. „Das ist ein Kreislauf, der geht komplett nur nach unten. Das ging die komplette Saison so durch und ich habe dann früher aufgehört. Ich ging dann in den Urlaub und bin komplett zusammengeklappt. Das ist bei den meisten Patienten dann so, wenn die komplett aus dem Alltag raus sind, klappen sie zusammen. Bei mir war es auch so. Ich habe dann geheult und hab angerufen, dass ich heim muss. Allerdings habe ich schon in der Saison gemerkt, dass was schlecht war."
Weiter erzählt der ehemalige Skispringer: "Ich bin durchgecheckt wurden, aber alles war bestens. Dann aber kam ich zu einem Arzt für Psychosomatik, das war damals ja noch so wie ‚Der muss in die Klapse‘ - und der hat nach einer halben Stunde Gespräch sofort gesagt: Ich habe Burnout.“
Ein Schock für den Sportler! Aber er folgte dem Rat der Mediziner. „Man hat mir nahegelegt, mich in die Klinik zu begeben und für mich war klar, ich will dort so schnell wie möglich wieder raus, weil ich noch den einen oder anderen geilen Flug erleben will. Ich bin dann in die Klinik und habe eben nicht damit gerechnet, dass es dann ein tieferes Thema ist.“
Heute weiß Hannawald, dass er seinem Körper viel zugemutet hat. „Im Nachgang, jetzt wo ich hier sitze, ist das alles ok. Ich habe meinen Körper über dem Maß gefordert, habe aber mit meinem Ehrgeiz alles erreicht, was ich schon als ganz kleiner Junge wollte. Auch im Osten wurde die Vierschanzen-Tournee übertragen, das war mein Startpunkt, die wollte ich gewinnen, das war cool. Und dementsprechend ist es jetzt im Nachhinein alles für mich ok.“