Kein Geld! Dieser sächsischen Ortschaft droht der Kahlschlag
Seifhennersdorf - Seifhennersdorf in Finanznot: Das einst größte Industriedorf der DDR ist pleite. Bürgermeisterin Karin Berndt (61, parteilos) muss zu Sparmaßnahmen greifen, "die sich kein Mensch vorstellen kann". Freibad, Bibliothek und Museum stehen vor dem Aus.

"Wir stehen vor unlösbaren Aufgaben", sagt die hauptamtliche Bürgermeisterin der kleinen Stadt (3740 Einwohner) an der tschechischen Grenze. Im Haushalt (rund 7 Million Euro) klafft ein Loch von 1,8 Millionen Euro.
Grund: Die Gewerbesteuer-Einnahmen seien laut Bürgermeisterin zuletzt massiv gesunken, zudem belaste die Beseitigung der Mandau-Flutschäden von 2010 die Kassen der Kommune schwer.
Schon seit Jahren werde massiv gespart: "Wir haben kein Stadtfest mehr, bestellen weniger Bücher für die Bibliothek, verkürzen Öffnungszeiten", so Berndt. Doch selbst das reicht nicht mehr aus. "Die katastrophale Finanz-Situation zwingt uns zum Kahlschlag, zur Schließung öffentlicher Einrichtungen."
Betroffen das beliebte Freibad (26.300 Besucher 2016), Bibliothek und Museum. Wegen Kündigungsfristen werde der Betrieb wohl nur noch dieses Jahr aufrecht erhalten. Auch die Zuschüsse für Dutzende Vereine und die Jugendarbeit wurden gestrichen. Selbst ihr Bürgermeister-Gehalt würde Berndt gegen eine ehrenamtliche Aufwandsentschädigung tauschen. Dennoch bleibt ein Defizit von rund 900.000 Euro.
Seifhennersdorf bleibt nur eine Hoffnung: Laut Berndt haben Ministerpräsident Kretschmer, Finanzminister Haß und Landrat Lange Unterstützung signalisiert.


Neue Studie: So schlecht geht's vielen Kleinstädten in Sachsen

Nicht nur Seifhennersdorf blutet aus. Seit der Jahrtausendwende leiden zahlreiche Kleinstädte unter der Schließung kommunaler Einrichtungen. Dadurch sinkt die Lebensqualität, werden die Regionen für die Bevölkerung immer unattraktiver.
Zu diesem Ergebnis kommt eine bundesweite Studie des Leipziger Leibniz-Institut für Länderkunde. Von 34 untersuchten Kleinstädten (10.000 bis 20.000 Einwohner) im Freistaat erlitten 14 einen "Bedeutungsverlust", da seit 2001 Krankenhäuser, Schulen, Verwaltungen oder Gerichte geschlossen wurden - etwa Aue, Großenhain oder Mittweide.
Keine einzige sächsische Kommune fuhr einen "Bedeutungsgewinn ein", der etwa mit dem Bau eines Gymnasiums erzielt werden kann. Einer der Gründe: Die Kreisgebietsreform 2008 und daraus resultierende Schließung örtlicher Verwaltungen und Gerichte.
Die Warnung der Studien-Autoren an die Politik: "Der gegenwärtige Rückzug des Staates aus der Fläche und die Ausdünnung stationärer Versorgungsangebote sind als kontraproduktiv zu bewerten. Ziel sollte vielmehr die Stärkung der Lebensqualität in den Kleinstädten sein."