Die AfD und ihre braunen Helfer
Dresden - Noch am Wochenende wollte AfD-Bundessprecher Tino Chrupalla (44) ein Zeichen setzen, schrieb zusammen mit Co-Chef Jörg Meuthen (58) einen offenen Brief an die Parteimitglieder, in dem er sich vom Rechtsextremismus distanziert. Nur drei Tage später steht er allerdings selbst mit NPD-Sympathisanten auf der Bühne. Nicht der einzige Ausrutscher seines Landesverbandes in die braune Ecke.
Am 23. März 2019 wurde es hektisch auf dem Dresdner Theaterplatz: Der Holocaust-Leugner Nicolai "Volkslehrer" Nerling (39) hatte zum Volkstanz aufgerufen, doch weil der Schweizer Holocaust-Leugner Bernhard Schaub (65) dort eine strafbare Rede hielt, löste die Polizei das Treffen auf.
Bis dahin war es musikalisch von der "Volkslieder-Tafel Dresden" begleitet worden. Letztere trat auch zusammen mit NPD-Politikern, der Identitären Bewegung oder mehrfach bei Pegida auf. Oder vorgestern zum Politischen Aschermittwoch der sächsischen AfD in Lommatzsch.
Die Partei will davon nichts gewusst haben: "Die AfD kann einzelne Musiker allein aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht im Stile eines Verfassungsschutzes durchleuchten", begründet ein Sprecher. "Gesinnungsschnüffelei halten wir darüber hinaus nicht mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung vereinbar." NPD und rechtsextremes Umfeld seien aber politische Gegner.
Offenbar sehen das nicht alle Parteimitglieder so: Am 15. Februar lief ein Mitglied des Dresdner Kreisverbandes beim sogenannten Trauermarsch der Neonazi-Szene in Dresden mit. Derselbe Mann war auch Ordner der AfD-Veranstaltung am 13. Februar auf dem Altmarkt, fiel dort mit Schutzhandschuhen und einem sogenannten Selbstverteidigungsschirm auf. Ein Parteimitglied bestätigte das TAG24.
AfD-Kreis-Chef André Wendt (48) war schweigsamer: "Ich werde keine Angaben zu unseren Mitgliedern machen", sagt er auf Anfrage. Dabei stehen auch stadtbekannte Rechtsextremisten in Verbindung zur Dresdner AfD: Den offiziellen Kranz der Stadtratsfraktion auf dem Heidefriedhof trug Sebastian A., regelmäßiger Teilnehmer an Neonaziaufmärschen. Auch am 15. Februar war er wieder mitmarschiert.
Straftaten gegen Politiker und Partei-Einrichtungen
Die AfD in Sachsen war im vergangenen Jahr besonders häufig Ziel von Angriffen, so das Landeskriminalamt: In der Kategorie politisch motivierter Straftaten gegen Amts- und Mandatsträger sowie gegen Parteieinrichtungen und deren Mitglieder oder Repräsentanten wurden 185 Fälle registriert. 2018 wurden 59 Fälle verzeichnet.
Die Anzahl registrierter Angriffe auf Politiker und Partei-Einrichtungen hat vergangenes Jahr insgesamt mit 551 Straftaten den höchsten Stand seit Beginn der Erfassung im Jahr 2016 erreicht (2016: 328 Fälle). Auch die CDU in Sachsen war 2019 mit 183 erfassten Fällen besonders häufig betroffen. Allein 90 davon richteten sich gegen Amts- und Mandatsträger.
Auf Rang drei liegt die SPD mit 65 politisch motivierten Straftaten, in 26 Fällen ging es um Angriffe auf Parteimitglieder.
Titelfoto: Tim Mönch