Wetter-Katastrophe in NRW: 43 Todesopfer, Lage weiterhin angespannt

Düsseldorf – Die starken Regenfälle und Hochwasserfluten in Teilen von Nordrhein-Westfalen haben mindestens 43 Tote und etliche Verletzte gefordert (Stand Freitagvormittag). Das NRW-Kabinett hat sich am Freitagvormittag zu einer Sondersitzung getroffen.

In Erftstadt fährt ein Fahrzeug der Bundeswehr durch eine überflutete Straße. Das Regen-Unwetter in NRW hat auf zahlreichen Autobahnen für überflutete Fahrbahnen gesorgt.
In Erftstadt fährt ein Fahrzeug der Bundeswehr durch eine überflutete Straße. Das Regen-Unwetter in NRW hat auf zahlreichen Autobahnen für überflutete Fahrbahnen gesorgt.  © Vincent Kempf/dpa

Das schwarz-gelbe Regierungsteam um Ministerpräsident Armin Laschet (60, CDU) will die Lage in NRW analysieren und über Hilfen für die betroffenen Kommunen beraten. Die Kabinettsmitglieder sollen teils zugeschaltet werden.

Am Mittag wollen Laschet und Innenminister Herbert Reul (68, CDU) bei einer Pressekonferenz über das Ergebnis informieren. Zusammen mit dem Leiter Hochwasserinformationsdienstes des Landesumweltamtes berichtet Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (55, CDU) am Mittag in Duisburg über die aktuelle Lage nach dem Unwetter.

Auch dabei ist ein Vertreter des Deutschen Wetterdienstes. Bundesumweltministerin Svenja Schulze (52, SPD) wollte sich am Mittag in Solingen zur Lage äußern.

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In der ZDF-Sendung "maybrit illner" forderte Laschet eine rasche Instandsetzung zerstörter Einrichtungen. Es müssten Wege gefunden werden, sehr schnell wieder Straßen, Brücken und andere Infrastruktur in Gang zu setzen. Das Land werde helfen, es sei aber auch eine "große nationale Kraftanstrengung" nötig.

Alle Ticker-Meldungen vom gestrigen Donnerstag findest Du hier.

Aufräumarbeiten werden fortgesetzt und Talsperren gesichert

Die Rurtalsperre ist infolge der immensen Regenmengen bei Unwettern in NRW "mit einer geringen Dynamik" übergelaufen.
Die Rurtalsperre ist infolge der immensen Regenmengen bei Unwettern in NRW "mit einer geringen Dynamik" übergelaufen.  © Lino Mirgeler/dpa

Landesweit werden die Rettungs- und Aufräumarbeiten fortgesetzt.

Im heftig betroffenen Kreis Euskirchen soll ein Gutachter am Freitag erneut die Steinbachtalsperre unter die Lupe nehmen. Der Wasserstand war am Donnerstagabend durch Abpumpen mit Hilfe des Technischen Hilfswerks (THW) zwar gesunken.

Die Brauchwasser-Talsperre, deren Damm tiefe Furchen aufweist, war von einem Sachverständigen am Vortag als "sehr instabil" eingestuft worden. In der Folge wurden aus Sicherheitsgründen mehrere Ortschaften evakuiert. Betroffen waren rund 4500 Einwohner.

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Die Talsperre liegt nah an der Grenze zwischen Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Weil der Ablass der Talsperre infolge des Unwetters verstopft ist, kann das Wasser nicht kontrolliert abgelassen werden.

Rurtalsperre läuft "mit geringer Dynamik" über

Kurz vor Mitternacht lief die Rurtalsperre über, "mit einer geringen Dynamik", wie der Wasserverband Eifel-Rur (WVER) mitteilte. Dadurch sei im Unterlauf der Rur mit Überschwemmungen sowie Überflutungen von Häusern und Kellern zu rechnen.

Der Wasserverband warnte, Menschen sollten sich nicht in Flussnähe aufhalten, da die Gefahr bestehe, mitgerissen zu werden. Auch sollten vollgelaufene Keller nicht betreten werden, weil die Gefahr von Stromschlägen bestehe.

An besonders von Hochwasser betroffenen Stellen sei auch mit Evakuierungen zu rechnen. Auch könne es zur Sperrung von Straßen kommen.

Update, 21.52 Uhr: Angela Merkel lässt sich über Katastrophen-Lage informieren

Bundeskanzlerin Angela Merkel (66, CDU) hat sich am Freitagabend in einer Videokonferenz von der Koordinierungsgruppe des nordrhein-westfälischen Innenministeriums über die aktuelle Lage im Katastrophengebiet informieren lassen. Laut Mitteilung einer Sprecherin der Bundesregierung waren auch Ministerpräsident Armin Laschet (60) und Innenminister Herbert Reul (68) (beide CDU) beim Gespräch mit der Kanzlerin dabei.

Merkel sicherte dabei kurz- und langfristige Unterstützung durch den Bund für die betroffenen Menschen in den Hochwassergebieten zu.

Update, 21.40 Uhr: Bedrohte Steinbachtalsperre: Grundablass nicht mehr verstopft

Die Lage an der Steinbachtalsperre entspannt sich nach Auskunft des Kreises Euskirchen (Nordrhein-Westfalen) weiter.

Nach Informationen der Bezirksregierung Köln ist der bislang nach der Hochwasserkatastrophe verstopfte Grundablass der Talsperre jetzt freigelegt, wie es in einer Mitteilung von Freitagabend hieß.

Über diese Öffnung kann jetzt Wasser kontrolliert abgelassen werden, um den Druck auf dem Bauwerk zu senken.

Das Technische Hilfswerk (THW) pumpte zusätzlich Wasser ab. Am Nachmittag hatte der Kreis gemeldet, dass eine Drohne keine kritischen Risse an dem Bauwerk entdeckt hatte. Der Kreis schätzte die Lage aber weiterhin kritisch ein.

Update, 20.27 Uhr: Bundespräsident besucht Krisengebiet

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (65) kommt am Samstag in den von der Unwetterkatastrophe besonders getroffenen Rhein-Erft-Kreis.

Nach Angaben der NRW-Staatskanzlei besucht das Staatsoberhaupt am Mittag zusammen mit Ministerpräsident Armin Laschet (60, CDU) Erftstadt, wo zahlreiche Häuser und Autos weggespült worden waren.

Steinmeier will sich in der Feuerwehrleitzentrale ein Bild von der aktuellen Lage machen und mit Rettungskräften sprechen.

Ein Besuch Steinmeiers in den betroffenen Flutgebieten von Rheinland-Pfalz ist nach Angaben einer Sprecherin der Mainzer Staatskanzlei vom Freitagabend derzeit nicht geplant.

Update, 20.09 Uhr: Radiosender 1Live sagt Konzerte mit Lea und Tom Gregory ab

Der Radiosender 1LIVE hat den geplanten 1LIVE-Festivalsommer teilweise abgesagt.

"Die beiden Konzerte mit Lea (16.07.) und Tom Gregory (17.07.) finden dieses Wochenende nicht statt", sagte der Sender.

"Unsere Gedanken sind bei den zahlreichen Opfern, die durch das Unwetter ihr Leben verloren haben und den Menschen, die immer noch vermisst werden."

Update, 19.40 Uhr: RWE-Mitarbeiter in Tagebau Inden bleibt vermisst

Die Suche nach einem im Braunkohletagebau Inden bei Aachen vermissten Mitarbeiter des Energieunternehmens RWE blieb am Freitag erfolglos - er wurde von Wassermassen mitgerissen.

Das Unternehmen geht nicht mehr davon aus, dass der 58-Jährige noch lebend gefunden wird, wie RWE am Abend mitteilte.

Update, 19.07 Uhr: NRW-Finanzverwaltung setzt Katastrophenerlass in Kraft

Nordrhein-Westfalens Finanzverwaltung hat zur Entlastung der vom Unwetter betroffenen Bürger einen Katastrophenerlass in Kraft gesetzt.

Laut Mitteilung von Freitag sind mit dem Erlass über 30 steuerliche Unterstützungsmaßnahmen möglich. So können die Wirtschaft und Privatpersonen Sonderabschreibungsmöglichkeiten für den Wiederaufbau nutzen.

Auch die Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung und die Beseitigung von Schäden am selbst genutzten Wohneigentum kann als außergewöhnliche Belastung steuerlich berücksichtigt werden.

Update, 18.06 Uhr: Trauerbeflaggung in NRW

NRW-Innenminister Herbert Reul (68, CDU) hat für den Zeitraum von Freitag, 16. Juli 2021, bis einschließlich Montag, 19. Juli 2021, in Gedenken an die Opfer der Unwetterkatastrophe Trauerbeflaggung angeordnet.

Update, 17.53 Uhr: Einige Autobahnen wieder frei

Auf den Autobahnen im Rheinland wurden am Freitag laut Angaben eines Sprechers der Autobahn GmbH Rheinland "nach und nach" wieder einige Strecken freigegeben.

Dennoch gebe es noch immer zahlreiche Sperrungen, besonders kritisch sei es auf der Autobahn 61: Zwischen Kerpen und Rheinbach seien die Fahrspuren teils derart überspült, "dass man nichts mehr von der Autobahn sieht", so der Sprecher.

Im nördlichen Rheinland, etwa Richtung Mönchengladbach oder Düsseldorf, normalisiere sich die Lage langsam. Insgesamt gehe das Wasser zurück. Das Kreuz Leverkusen auf der A 1 blieb am Freitagnachmittag gesperrt.

Titelfoto: Alexander Franz

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