Heftige Unwetter: Autos versinken, Bevölkerung soll untere Geschosse räumen
Bruchsal - Heftige Unwetter haben Straßen überflutet, Keller volllaufen und vor allem den Fluss Saalbach im Landkreis Karlsruhe extrem ansteigen lassen. Feuerwehr, Polizei und Rettungskräfte sind im Dauereinsatz.
In Bruchsal wurde die Bevölkerung über die Warn-App Nina aufgefordert, Untergeschosse und Erdgeschosse in bestimmten Bereichen der Stadt zu räumen und höhere Geschosse aufzusuchen. Zwei Helfer aus der Bevölkerung wurden dort verletzt - wie schwer, war zunächst unklar.
In Gondelsheim verletzte sich ein Helfer beim Transport von Sandsäcken.
Nach Angaben der Hochwasserzentrale erreichte der über die Ufer getretene Fluss Saalbach am Pegel Bruchsal gegen 2.30 Uhr mit gut 2,13 Metern den höchsten Stand.
Dieser lag demnach knapp über der Marke für ein sogenanntes 100-jährliches Hochwasser von 2,10 Metern. Die Altstadt des Stadtteils Heidelsheim wurde überflutet, auch in der Kernstadt Bruchsal gab es nach Angaben der Feuerwehr Überflutungen, etwa von Unterführungen. Die Pegelstände sanken aber noch in der Nacht wieder.
Wegen des Unwetters hatte die Stadtverwaltung die Bevölkerung gebeten, daheim zu bleiben. Nach ihren Angaben ist der gesamte Bruchsaler Bahnhofsbereich gesperrt. Es sei zu erwarten, dass die Sperrung bis in die Morgenstunden bestehen bleibt.
Der Bahnverkehr zwischen Gondelsheim und Bruchsal ist demzufolge eingestellt. Die Karlsruher Polizei bat angesichts der Unwetterlage darum, auf nicht dringliche Fahrten mit dem Auto zu verzichten.
Starkregen auch am Mittwoch noch möglich
Die Hochwasserzentrale warnte am Abend, wegen lokal teils extrem heftigen Starkregens seien in der Nacht und im Verlauf des Mittwochs starke Anstiege der Pegelstände an manchen Bächen und kleinen Flüssen in Baden-Württemberg möglich.
"In bebauten Gebieten kann es beim Auftreten von Starkniederschlägen im Einzelfall zu örtlichen Überlastungen der Kanalisation und zu schnellen Überflutungen von Straßen, Kellern, Unterführungen und Tiefgaragen kommen", hieß es in einem Lagebericht.
"Auch außerorts sind Überflutungen von Straßen möglich."
Überregionale Hochwassergefahr an größeren Flüssen bestehe nicht.
Der Kreisfeuerwehrverband Landkreis Karlsruhe teilte kurz vor Mitternacht mit, bis jetzt hätten die Feuerwehrleute mehr als 500 Einsätze abgearbeitet. Offen seien noch etwa 300 Einsätze. Insgesamt seien mehrere Hundert Menschen im Einsatz.
Feuerwehr ruft "außergewöhnliche Einsatzlage" aus
Um die Unwetter-Einsätze im Landkreis Karlsruhe übergreifend koordinieren zu können, rief die Feuerwehr eine "außergewöhnliche Einsatzlage" aus. "Außerdem haben verschiedene Städte und Gemeinden Verwaltungsstäbe einberufen und die Feuerwehrhäuser sind ständig besetzt." Das Landratsamt richtete einen Krisenstab ein.
In Gondelsheim, etwa 15 Kilometer westlich von Karlsruhe, würden Autos von Wassermassen weggespült, sagte ein Feuerwehrsprecher am frühen Abend. Es herrsche "absolutes Chaos". Menschen hätten sich aus ihren vom Wasser eingeschlossenen Autos gemeldet, sagte ein Polizeisprecher. Nach Einschätzung der Feuerwehr seien zunächst aber keine Evakuierungen nötig.
Im sozialen Netzwerk Facebook informierte die Gemeinde, im ganzen Ort herrsche eine Notsituation. Wer könne, solle Freunde und Nachbarn unterstützen. "Auch werden nach dem Regen viele helfenden Hände und auch Pumpen etc. benötigt."
Die Straßenmeisterei des Landkreises fährt laut Feuerwehr mit Lastwagen Bundesstraßen im Schadensgebiet ständig ab, um die Erreichbarkeit über das Straßennetz zu testen.
Strom aus Sicherheitsgründen abgeschaltet
In Bruchsal wurde nach Angaben der Stadt in manchen Straßen in der Nacht aus Sicherheitsgründen der Strom abgeschaltet.
Auch die Fürst-Stirum-Klinik sei von Unwetterschäden betroffen, teilte die Feuerwehr mit, ohne Details zu nennen. Sie bleibe aber uneingeschränkt in Betrieb.
Eindrucksvoll verdeutlichten Ansichten der Hochwasserzentrale die Lage: Demnach verlief die Linie des Pegels Gondelsheim in den vergangenen Tagen und bis weit in den Dienstag hinein unter der Marke von zehn Zentimetern, bevor sie dann am Abend schlagartig auf über 2,70 Meter hochschnellte - und damit den Daten zufolge auch Hochwasserereignisse aus den Jahren 2013 (2,23 Meter), 2015 (2,06 Meter) und 1983 (1,95 Meter) übertraf.
Noch vor Mitternacht sank der Pegelstand wieder deutlich. In Bruchsal war der Wasserstand in ähnlichem Maße hochgeschnellt. Beim Hochwasser 2013 hatte der Pegelstand 1,68 Meter betragen.
In Linkenheim-Hochstetten schlug ein Blitz in das Dachgeschoss eines Mehrfamilienhauses ein, das in Brand geriet. Die Feuerwehr löschte die Flammen.
Später zogen Unwetter über die Region Heilbronn nordwärts ab. Hier berichtete ein Polizeisprecher zunächst von nur wenigen Einsätzen etwa wegen umgefallener Bäume. Auf der A81 hätten Autofahrer zeitweise vor Aquaplaning gewarnt.
Mit 36,3 Grad war am Dienstag in Waghäusel-Kirrlach im Landkreis Karlsruhe nach vorläufigen Daten des Deutschen Wetterdienstes (DWD) der bundesweit zweithöchste Wert gemessen worden. Auf Platz eins landete Bad Neuenahr-Ahrweiler in Rheinland-Pfalz mit 36,5 Grad. Damit war der Dienstag nach den vorläufigen Daten der bislang heißeste Tag des Jahres.
Titelfoto: Rene Priebe/dpa