Gewitter Fakten und Mythen: Was ist im Falle eines Unwetters wirklich zu tun?
Deutschland - Im Sommer nimmt die Zahl der Gewitter vielerorts wieder kräftig zu und auch viele Gewitter-Mythen treiben dann ihr Unwesen. Doch wie gefährlich ist es wirklich, bei Gewitter zu duschen oder Fahrrad zu fahren? Und wie verhält man sich bei Gewitter denn nun richtig? TAG24 geht sieben Unwetter-Mythen auf den Grund.
1. "Duschen bei Gewitter ist gefährlich"
Viele Menschen haben verinnerlicht, dass man nicht bei Gewitter duschen sollte. Anderenfalls bestünde die Gefahr, dass man im Falle eines Einschlags ebenfalls vom Blitz getroffen würde.
Und tatsächlich ist dieser Mythos teilweise korrekt.
Ob von den Wasserleitungen bei Unwetter eine Gefahr ausgeht, hängt vor allem damit zusammen, in welchem Baujahr bzw. Sanierungszustand sich das Gebäude befindet.
In Altbauten verbaute man seinerzeit vor allem Wasserrohre aus Metall, die nicht geerdet wurden. In diesem Fall könnten die Leitungen tatsächlich den Blitz leiten und jemanden, der sich die Hände wäscht oder duscht einen enormen Schlag versetzen. Modernere Gebäude haben in der Regel Wasserleitungen aus Kunststoff verbaut, die keinen elektrischen Strom leiten.
Auch Bewohner von Gebäuden mit einem Blitzschutzsystem brauchen kein Risiko bei Gewitter zu fürchten. Wer jedoch unsicher ist, über welche Blitzschutzmaßnahmen das Haus verfügt, kann im Zweifel das Baden oder Duschen auf einen späteren Zeitpunkt verschieben, wenn das Wetter sich bessert.
2. "Eichen sollst du weichen, Buchen sollst du suchen"
Bereits Kinder sind mit dem Merksatz vertraut, der ihnen bei einem herannahenden Gewitter eine Entscheidungshilfe bieten soll.
Doch das Sprichwort "Eichen sollst du weichen, Buchen sollst du suchen" ist leider weder wissenschaftlich belegt, noch in irgendeiner Weise besonders sinnvoll.
Denn bei Gewitter sollte man jede Art von Bäumen meiden.
Bäume, ungeachtet ihrer Art, die allein auf einer freien Fläche stehen, wirken wie ein Blitzableiter und sind damit besonders gefährdet vor Einschlägen. Doch selbst bei größeren Baumgruppen und in Wäldern ist man nicht besonders sicher.
Wird ein Baum vom Blitz getroffen, werden oft große Teile der Rinde, Äste und Stämme abgesprengt, die wie Geschosse durch die Luft fliegen und Umstehende verletzen können.
Auch wird während eines Blitzeinschlags mehrere Meter rund um den Baum elektrische Spannung in den Boden abgegeben. Ein Abstand von mindestens zehn Metern von Bäumen jeder Art ist bei einem Gewitter absolut angebracht.
Wirklichen Schutz bieten nur Gebäude mit einer Blitzschutzanlage, aber auch Fahrzeuge mit einer durchgängigen Metallkarosserie.
3. "Telefonieren bei Gewitter ist gefährlich"
Der Mythos, dass man bei Gewitter einen Blitzschlag durch den Hörer erleiden kann, stammt noch aus der Zeit, als es Schnurtelefone gab.
Smartphones und schnurlose Telefone können zu Hause und unterwegs gefahrlos verwendet werden.
Festnetztelefone, die jedoch noch mit Kabel verbunden sind, können bei einem Blitzeinschlag tatsächlich den elektrischen Strom weiterleiten und damit den Telefonierenden verletzen.
Dies ist allerdings auch nur dann der Fall, wenn das Gebäude nicht über einen fachgerechten Überspannschutz verfügt.
Fehlt dieser Einschlagschutz, sollte man beim Schnurtelefon während des Unwetters besser den Stecker ziehen.
4. "Schirme ziehen Blitze besonders an"
Viele Menschen achten bei einem Gewitter sehr darauf, keinen Regenschirm zu verwenden, auch wenn es wie aus Eimern schüttet.
Dieses Verhalten geht auf den Mythos zurück, dass Regenschirme einen Blitz besonders anziehen sollen.
Allerdings ist auch diese Behauptung nicht wissenschaftlich belegt.
Fakt ist jedoch, dass man durch einen aufgespannten Schirm auf offenem Gelände zu einem leichteren Ziel für einen Blitzeinschlag wird, da man seine Position durch den Schirm zusätzlich erhöht.
Es ist dabei jedoch im Grunde egal, ob man einen Schirm in der Hand hält oder durch einen Stock oder eine Fahne sich größer macht als nötig. Der Blitz sucht sich in den meisten Fällen die kürzeste Distanz zur Erde, um sich zu entladen.
Wer sich also gerade auf einem Spaziergang befindet und vom Gewitter überrascht wird, sollte im Zweifel den Schirm stecken lassen, sich einen sicheren Unterschlupf suchen und den Heimweg erst dann antreten, wenn das Unwetter vorübergezogen ist.
5. "Im Auto ist man vor Gewitter sicher"
Vielen dürfte bekannt sein, dass man innerhalb eines Autos bei Gewitter ziemlich sicher ist. Allerdings gibt es auch Ausnahmen.
Grund für den Blitzschutz ist die Ganzmetallkarosserie, aus der die meisten Fahrzeuge bestehen. Sie bilden eine Art "Faradayschen Käfig", der dafür sorgt, dass die elektrische Energie über das Metall in die Erde abfließen kann.
Ausgenommen von der Regel sind allerdings all jene Fahrzeuge, die nicht über eine solche durchgängige Metallkarosserie verfügen. Dazu gehören bestimmte Cabriolets ohne Dachgerüst oder Überrollbügel aus Metall sowie zahlreiche Wohnwagen-Modelle.
Doch auch, wenn Du in einem Auto vor einem Blitzeinschlag sicher bist, solltest Du Dein Glück nicht auf die Probe stellen. Denn mit dem Unwetter kommt es zu zusätzlichen Gefahren auf der Straße. Grelle Blitze und lauter Donner, starke Seitenwinde und Regen, umfallende Äste oder gar Bäume sowie eine allgemein schlechtere Sicht sind alles andere als optimale Bedingungen.
Ist Dir das Risiko zu groß, während eines Gewitters weiterzufahren, dann suche Dir einen Parkplatz oder einen sicheren Platz auf dem Du ausharren kannst, bis das Gewitter vorübergezogen ist.
6. "Bei einem Gewitter sollte man nicht mehr Fahrrad oder Motorrad fahren"
Bei dieser Regel handelt es sich tatsächlich um einen Fakt.
So gut, wie Dich ein Auto vor Blitzeinschlägen schützen kann, so wenig haben Motor- und Fahrräder einem Unwetter samt Blitzeinschlag entgegenzusetzen.
Unterbrich bei einem Gewitter in Deiner Nähe in jedem Fall die Fahrt und suche am besten Schutz in einem Gebäude.
7. "Elektrische Geräte müssen bei Gewitter aus der Steckdose gezogen werden"
Bei diesem Ausspruch handelt es sich ebenfalls um kein Ammenmärchen.
Ein Blitzeinschlag im Haus, aber auch in der Nachbarschaft kann zweifelsohne dazu führen, dass sensible Geräte und Technik einen irreparablen Schaden erhalten.
Computer, Router, Modems und sonstige Geräte, die Dir lieb und teuer sind, solltest Du bei einem Gewitter vorsorglich aus der Steckdose ziehen.
Beachte, dass es nicht ausreicht, nur den Schalter bei einer Mehrfachsteckdose umzulegen. Auch wenn diese über einen integrierten Überspannungsschutz verfügt, sollte man im Zweifel auf Nummer sicher gehen.
Wer seine Elektrogeräte bei Unwettern wirklich vor Überspannungsschäden schützen möchte, kommt um ein Blitzschutzsystem am Verteilerkasten nicht herum. Diese speziellen Schutzgeräte werden von einem Elektriker im Verteilerkasten eingesetzt.
So verhältst Du Dich bei Gewitter richtig
Zusammenfassend erfährst Du hier noch einmal, was Du tun musst, um Dich bei einem Gewitter bestmöglich zu schützen.
1. Vermeide offene Flächen und such Gebäude mit Blitzableitern oder Autos auf.
2. Berühre keine Gegenstände aus Metall wie Zäune, Masten oder Gitter.
3. Bist Du in der Natur, dann halte Dich von Bäumen fern. In der Nähe von Metallmasten oder unter einer Überdachung aus Metall bist Du vor Blitzeinschlägen besser geschützt.
4. Solltest Du Zeuge werden, wie eine Person durch ein Unwetter bzw. einen Blitzeinschlag verletzt wurde, bist Du in der Pflicht, sofort den Notruf über 112 zu wählen und Erste Hilfe zu leisten.
Wie Du siehst, ist bei einem herannahenden Gewitter Vorbeugen das Gebot der Stunde. Befindest Du Dich im Freien, dann lege es nicht darauf an und begib Dich sofort auf die Suche nach einem sicheren Unterschlupf.
Sowohl Deine Sicherheit als auch die Deiner Mitmenschen haben bei einem Unwetter oberste Priorität.
Titelfoto: Unsplash/Jonathan Bowers