Wahlen in Thüringen: Migrationsberater fürchten "Super-Gau vor Ort"
Altenburg - Mit Blick auf die anstehenden Wahlen in Thüringen fürchten Migrationsberater, dass ihre Arbeit vor Ort weiter erschwert wird.
"Die entscheidende Wahl ist erst mal die Kommunalwahl", sagte der Teamleiter Beratung und Betreuung beim Caritasverband Ostthüringen, Volker Liebelt.
Oberbürgermeister und Landräte könnten zwar keine Gesetze ändern. "Aber wenn extreme Strömungen oder Parteien in die Verwaltung kommen, werden sie binnen kürzester Zeit das aufgeheizte Klima noch weiter anheizen."
Im Kleinen könnten auch sie etwa Unterkünfte nicht mehr bereitstellen. "Wir rechnen mit einem Super-GAU vor Ort. Aber bis zum 26. Mai muss man einfach noch hoffnungsfroh sein."
Die Liga der Freien Wohlfahrtspflege startet am Mittwoch eine Kampagne unter dem Motto #ThüringenSozial24 zu den anstehenden Wahlen im Freistaat.
In den Wohlfahrtsverbänden gebe es Sorge, dass Angebote in den Bereichen Migration, Integration, frühkindliche Bildung oder Inklusion gekürzt oder gestrichen werden, hieß es.
In Thüringen stehen am 26. Mai Kommunalwahlen an, am 9. Juni folgt die Europawahl und am 1. September die Landtagswahl. Die AfD ist in Umfragen seit Monaten landesweit stärkste Kraft.
Teammitglieder angefeindet
Für die Migrationsberatung sei vor allem eine langfristige Finanzierung nötig, betonte Liebelt: "Migration und Integration ist keine Sache, die mal ein oder zwei Jahre läuft. Das ist eine Daueraufgabe und die bedarf einer Regelfinanzierung."
Die Beratung anerkannter Flüchtlinge sei in seinem Team eine Schwerpunktaufgabe und werde übers Land finanziert. Die Förderung gehe aber immer nur für zwölf Monate. Das bedeute Planungsunsicherheit.
Schon jetzt würden Teammitglieder von ihm angefeindet, berichtete Liebelt. Eine Mitarbeiterin mit Hijab sei angepöbelt worden, ihr sei vor die Füße gespuckt worden.
In Gesprächsrunden bekämen männliche ukrainische Flüchtlinge zu hören: "Was macht ihr hier? Geht in die Ukraine und kämpft." Die Stimmung sei 2023 zum Negativen gekippt, vor allem Ukrainer seien inzwischen "die Sündenböcke für alles", erzählte Liebelt, der seit 26 Jahren in der Region aktiv ist.
Vor allem in Gera sei diese Situation verschärft zu spüren - auch durch die Montagsdemoszene, die zuletzt etwa gegen ein Flüchtlingsheim mobil gemacht hatte.
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