"Kaviar und Käse": Ukrainische Flüchtlinge bei der Tafel sorgen für Unmut
Weimar - Die Preise für fast alles steigen, es herrscht Inflation. Das betrifft auch die Ärmsten unter uns - die, die bei den Tafeln für Essensportionen anstehen müssen. Auch die Tafeln müssen rationieren, da teils die Lebensmittelketten genauer bestellen und somit weniger an die Tafeln liefern.
Um dennoch viele unterstützen zu können, herrscht bei vielen Tafeln Aufnahmestopp. Die Lage ist zugespitzt, weil viele Flüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland Zuflucht finden.
Dass es bei der Tafel auch zu "seltsamen" Umständen kommt, hat der MDR am Beispiel Weimar recherchiert.
Im thüringischen Weimar sind mehr als 850 Flüchtlinge gemeldet. Fast alle von ihnen seien auch Gäste der Tafel. "Dort gibt es Ärger - offenbar wegen Sprachbarrieren, Missverständnissen und falschen Vorstellungen", so der mitteldeutsche Sender. Zu den 1400 Erwachsenen und 700 Kindern sind 800 Ukrainer hinzugekommen. Zu schaffen ist der Andrang nur mit längeren Öffnungszeiten und vielen ehrenamtlichen Überstunden.
So stellt der MDR unter anderem Steffi vor. Sie arbeitet seit Jahren ehrenamtlich bei der Tafel. Doch jetzt habe sie überlegt aufzugeben. Sie kann einfach nicht mehr. "Wenn du nach jedem Dienst zu Hause sitzt und heulst, ist das doch nicht Sinn der Sache."
Der Grund für ihre körperliche und psychische Erschöpfung liege "in der Betreuung der vielen neuen Kunden und Kundinnen aus der Ukraine".
Die Weimarer Tafel stößt an ihre Grenzen
Marco Modrow ist Leiter der Weimarer Tafel. Er sagt: "Die Tafel-Gäste aus der Ukraine waren pikiert, dass ihnen fremde Menschen die Tasche füllten, dass sie nicht selbst aussuchen konnten. Es gab Ärger, dass mal ein Apfel eine Druckstelle hatte oder das Mindesthaltbarkeitsdatum fast erreicht war." Steffi sei "sogar einmal mit einem Salatkopf" beworfen worden, der ein wenig welk war.
"Wir werden hier fast täglich angepöbelt, weil jemandem irgendetwas nicht passt", sagt sie. "Das haben wir bei den Syrern nie erlebt."
Und auch mit dem Angebot, das sie hier vorfinden, seien viele der ukrainischen Flüchtlinge unzufrieden, so der MDR.
Möglicherweise, so Modrow, sei den Ukrainerinnen und Ukrainern dieses Tafel-System nicht bekannt.
"Trotzdem ist es zumindest unsensibel, die zwei Euro hier bei der Tafel mit einem Hundert-Euro-Schein zu bezahlen. Das sind unsere Mitarbeiter nicht gewöhnt."
Für Unmut bei Stammkunden und Mitarbeitern sorge, dass der Parkplatz des Sozialkontors neuerdings ganz anders aussieht. Eine Mitarbeiterin erzählt: "Manchmal kommt man kaum noch durch. Große, teure Autos sind dabei und alle haben ukrainische Nummernschilder. Man muss doch nicht mit dem SUV zur Tafel fahren!" "Viele, die das sehen, bezweifeln dann die Bedürftigkeit der ukrainischen Flüchtlinge."
Eine Mitarbeiterin der Weimarer Tafel erhielt von einer Ukrainerin einen handgeschriebenen "Einkaufszettel", auf dem "Garnelen", "Roter Kaviar", "Schwarzer Kaviar" und "Käse" zu lesen war (zu sehen hier). Das führte ebenso zu Missstimmungen.
Titelfoto: Swen Pförtner/dpa