Chaos in Thüringer Kommunen: Tausende unbearbeitete Corona-Fallmeldungen
Erfurt - Auf dem Papier gehört Thüringen zu den Bundesländern mit den deutschlandweit höchsten Corona-Infektionszahlen. Das wahre Ausmaß ist aber offenbar noch gar nicht erfasst. In Südthüringen meldet eine Stadt gar keine Corona-Fälle mehr.
In Thüringen sind Tausende Corona-Fälle der vergangenen Tage noch nicht in die offiziellen Infektionszahlen eingeflossen. Mehrere Thüringer Kommunen kommen mit der Meldung ihrer aktuellen Fallzahlen nicht mehr hinterher, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab.
Alleine im Ilm-Kreis hätten sich in den vergangenen Tagen 1500 Fälle angestaut, sagte eine Sprecherin. "Das geht jetzt wieder richtig los." In Weimar sind es nach Angaben eines Sprechers 500 Fälle. "Wir schieben auch in Weimar eine Bugwelle vor uns her."
Auch die Stadt Jena gab an, dass etwa genau so viele Fälle unbearbeitet seien, wie zuletzt an das Robert Koch-Institut (RKI) übermittelt wurden. Am Mittwoch waren das rund 480 Fälle. Der Inzidenzwert spiegle daher nicht das wahre Ausmaß der Infektionen, hieß es aus der Stadt.
Im bundesweiten Inzidenz-Hotspot Eichsfeld (Stand: 16. März) konnten zuletzt 100 bis 200 Fälle nicht tagesaktuell gemeldet werden, wie der Landkreis mitteilte. Sie würden aber am Folgetag bearbeitet und gemeldet.
Dort lag die registrierte Zahl der wöchentlichen Neuinfektionen je 100.000 Einwohner zuletzt deutlich über 3000.
Keine Corona-Fälle aus Suhl gemeldet: Das steckt dahinter!
In Suhl, das auf dem Papier zu den am wenigsten betroffenen Regionen Deutschlands gehört, gibt es laut Thüringer Gesundheitsministerium ein anderes Problem: Die Stadt sei seit Tagen von einem Cyberangriff betroffen und melde daher keine neuen Corona-Fallzahlen.
Im Landkreis Nordhausen, der zuletzt auch eine Corona-Inzidenz über dem Wert 3000 verzeichnete, werden die Fälle nach Angaben des Kreises "größtenteils" tagesaktuell im Programm des RKI erfasst und weitergeleitet. Einen deutlichen Rückstau gebe es aber etwa beim Zusenden von Quarantänebescheiden, der statistischen Erfassung der Fälle und der Ermittlung von Kontaktpersonen.
Einige weitere Landkreise gaben hingegen an, die Daten zu den neuen Fällen immer aktuell melden zu können.
In Thüringen hatte das Infektionsgeschehen zuletzt deutlich an Fahrt aufgenommen. Mit einem gemeldeten Inzidenzwert über 2000 gehörte der Freistaat zu den bundesweit am stärksten betroffenen Ländern. Auch die Zahlen für die Belastung der Kliniken stiegen zuletzt wieder an.
Titelfoto: Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa