"Bewerte die aktuellen Zahlen als nicht positiv": Was dieser Landes-Beauftragte kritisiert

Von Sebastian Haak

Erfurt - In mehreren Thüringer Landkreisen gibt es noch immer keinen Beirat für Menschen mit Behinderung. Manche Kommunen seien darüber nicht wirklich unglücklich, sagt der zuständige Landesbeauftragte.

Joachim Leibiger, Landesbeauftragter für Menschen mit Behinderungen von Thüringen. (Archivbild)  © Martin Schutt/dpa

Fehlende kommunale Beiräte für Menschen mit Behinderungen sind aus Sicht des zuständigen Landesbeauftragten Joachim Leibiger für viele Betroffene ein Nachteil. Ohne diese Beiräte würden die Belange der Betroffenen beispielsweise bei Bauprojekten oft nicht ausreichend berücksichtigt, sagte Leibiger der Deutschen Presse-Agentur.

"Ich bewerte die aktuellen Zahlen deshalb als nicht positiv", sagte Leibiger. Er werde mit Thüringens Sozialministerin Katharina Schenk (37, SPD) darüber sprechen, welche Möglichkeiten es gebe, in noch mehr Kommunen Behinderten-Beiräte zu etablieren.

Aus einer aktuellen Antwort des Sozialministeriums auf eine Anfrage der Linken-Landtagsabgeordneten Katja Maurer (*1991) geht hervor, dass Behindertenbeiträge in einem Dutzend Landkreise fehlen. In 5 von 17 Landkreisen gibt es solche Beiräte, außerdem in den fünf kreisfreien Städten.

Thüringen AfD bringt Gesetzentwurf vor - Linke-Abgeordnete: "Antrag ist rassistischer Unfug"

Der Beauftragte führte das Beispiel einer Stadt an, die für Sehbehinderte ungeeignete Lampen auf öffentlichen Plätzen installieren wollte.

Die Nichteignung habe sich erst durch Einbeziehung des Behindertenbeirats herausgestellt. In einem anderen Fall habe sich gezeigt, dass bei Planungen zum Umbau des Bahnhofszugangs nicht ausreichend auf Barrierefreiheit geachtet worden sei.

Anzeige

Leibiger: "Wenn die Verbände vor Ort stark sind, kriegen die das auch hin"

In Thüringen sind rund 200.000 Menschen offiziell als Schwerbehinderte anerkannt - das sind knapp zehn Prozent der Bevölkerung. (Symbolbild)  © Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa

Leibiger sieht zwei Gründe für das Fehlen kommunaler Behindertenbeauftragter. Zum einen müssten sich die Vertreter von Menschen mit Handicap vor Ort auch wirklich einbringen wollen, sich entsprechend vernetzen und organisieren.

Dieser Wille sei mancherorts wohl noch zu schwach ausgeprägt. "Wenn die Verbände vor Ort stark sind, kriegen die das auch hin", sagte er.

Zum anderen habe er aber den Eindruck, dass manche Kommunen alles andere als unglücklich über die Nichtexistenz dieser Beiräte seien. Deshalb würden sie deren Bildung auch nicht vorantreiben. Wo immer bei Planungen weitere Akteure mitsprechen wollten, werde es für Verwaltungen komplizierter, sagte Leibiger.

Thüringen Erst Streit, dann zückt einer ein Messer: Jugendlicher (17) schwer verletzt

Diesen zusätzlichen Aufwand würden sich manche Kommunen sparen, indem sie nicht aktiv auf die Bildung von kommunalen Beiräten für Menschen mit Behinderungen hinarbeiteten.

In Thüringen sind rund 200.000 Menschen offiziell als Schwerbehinderte anerkannt - das sind knapp zehn Prozent der Bevölkerung. Leibiger hatte bereits früher darauf aufmerksam gemacht, dass bei den Bemühungen um Barrierefreiheit weit mehr Menschen in den Blick genommen werden müssten. Er hatte die Zahl von weiteren rund 220.000 Menschen mit einem geringeren Behinderungsgrad genannt.

Mehr zum Thema Thüringen: