Endgültiger Atomausstieg in Deutschland: Umweltminister atmet auf
Kiel - Nach rund 55 Jahren gehen am Samstag die letzten drei Atomkraftwerke in Deutschland vom Netz. Ihn lasse das erleichtert aufatmen, sagte Schleswig-Holsteins Umweltminister Tobias Goldschmidt (41, Grüne).
Er habe selbst viele kerntechnische Anlagen von innen gesehen und könne die von der Technologie ausgehende Faszination nachempfinden, sagte Goldschmidt der Deutschen Presse-Agentur.
"Aber die ungelöste Endlagerfrage, die nicht vorhandene Akzeptanz für Atomanlagen in der Nachbarschaft, die exorbitanten Kosten der Technologie und der späteren Entsorgung sowie das nicht wegzudiskutierende nukleare Restrisiko lassen mich erleichtert aufatmen, wenn das letzte Kraftwerk vom Netz geht."
An diesem Samstag sollen das Kernkraftwerk Emsland in Niedersachsen, der Atommeiler Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg und der Reaktor Isar 2 in Bayern endgültig vom Netz gehen. Damit endet die Atomstrom-Produktion in Deutschland.
Der Bundestag hatte nach der Nuklearkatastrophe im japanischen Fukushima am 30. Juni 2011 den Atomausstieg für Deutschland beschlossen.
Mit dem AKW Brokdorf war bereits Ende 2021 das letzte schleswig-holsteinische Atomkraftwerk endgültig abgeschaltet worden. Die Nutzung der Technik sei eng mit der Landesgeschichte verbunden, sagte Goldschmidt. Mit ihr seien viele Hoffnungen, kühne Zukunftsvisionen und starke Ingenieurleistungen verbunden gewesen. "Aber genauso gab es Sorgen, Ängste und erbitterte politische Auseinandersetzungen bis hinein in die Familien."
Krieg in der Ukraine sorgte für längere Laufzeiten
An den drei schleswig-holsteinischen Standorten Brunsbüttel, Krümmel und Brokdorf werde der Rückbau der Meiler viele Menschen noch lange beschäftigen, sagte Goldschmidt. "Sorgen bereitet mir hingegen der Blick auf die Endlagersuche. Hier zeigt sich die niedrige gesellschaftliche Akzeptanz der Atomkraft wie im Brennglas."
Es sei Pflicht der aktuellen politischen Generation, die Hinterlassenschaften des Atomzeitalters zu beseitigen. "Die politische Generation, die damals mit Pauken und Trompeten in die Technologie eingestiegen ist, hat sich leider nicht darum gekümmert."
Ursprünglich sollten die drei letzten Atomkraftwerke in Deutschland bereits zum 31. Dezember vergangenen Jahres heruntergefahren und abgeschaltet werden. Allerdings hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (64, SPD) im Herbst im Streit um eine Laufzeitverlängerung innerhalb der Ampelkoalition ein Machtwort gesprochen und einen Weiterbetrieb bis Mitte April ermöglicht.
Die Laufzeitverlängerung war von der FDP gefordert worden, weil wegen des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine eine Energiemangellage mit stark gestiegenen Preisen herrscht.
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