Eklat in Sachsen: "Querdenker" sprengen multikulturelles Fest

Zwickau - Seit Monaten hatte Zwickau das Interkulturelle Fest "Zwikkolör" geplant. Samstag sollte die Großveranstaltung mit 40 beteiligten Institutionen auf dem Zwickauer Hauptmarkt Tausende Besucher anlocken. Doch seit wenigen Tagen beanspruchen rechte Demonstranten den Hauptmarkt für eine Demo. Das Verwaltungsgericht entschied: Die Demo geht auf dem Hauptmarkt vor. Daraufhin sagte die Stadt das Fest am Freitag kurzfristig ab.

Das Interkulturelle Fest "Zwikkolör" hatte Zwickau seit Monaten geplant.
Das Interkulturelle Fest "Zwikkolör" hatte Zwickau seit Monaten geplant.  © Stadt Zwickau

Bereits im Dezember 2021 begann die Planung für "Zwikkolör". "Besucher sollten andere Kulturen kennenlernen, Anstöße für ehrenamtliches Engagement erhalten", sagte Stadtsprecher Mathias Merz (50).

Die Versammlungsbehörde des Landkreises wollte die jetzt angemeldete "Querdenker"-Demo zum Thema "Wiederherstellung der Grundrechte" deshalb auf den Kornmarkt verlegen. Dagegen klagten die "Querdenker". Und gewannen.

Tenor des Urteils: Eine Demo wird vom Grundgesetz geschützt, eine Veranstaltung nicht. Deshalb habe die Demo Vorrang. Konsequenz: Das lange geplante Multi-Kulti-Fest muss der rechten Demo weichen.

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Gleichstellungsbeauftragte Ulrike Lehmann (57) bedauerte die Absage, "die, um weiteren Aufwand zu vermeiden, unvermeidlich war". Eine Verlegung auf den Kornmarkt sei nicht möglich. Oberbürgermeisterin Constance Arndt (44, BfZ) sieht einen "faden Beigeschmack": "Die Antragsteller der Kundgebung verhindern ein interkulturelles Fest."

DGB-Geschäftsführer Ralf Hron (54) nennt die Gerichtsentscheidung "ein Unding. Auch mein Auto ist für das Fest bereits vollgepackt." Er mahnt Konsequenzen an: "Wir müssen die Zivilgesellschaft stärken und dürfen uns nicht von einigen Leuten auf der Nase herumtanzen lassen."

Eigentlich sollte am Samstag auf dem Hauptmarkt in Zwickau ein Interkulturelles Fest stattfinden. Das musste nun einer rechten Demo weichen.
Eigentlich sollte am Samstag auf dem Hauptmarkt in Zwickau ein Interkulturelles Fest stattfinden. Das musste nun einer rechten Demo weichen.  © Ralph Kunz

Recht und Gerechtigkeit

Kommentar von Bernd Rippert

So eine Gerichtsentscheidung kann es nur in Sachsen geben! Das werden jetzt wieder einige schimpfen. Ein aktuelles Urteil des Verwaltungsgerichtes ist auch schwer zu verstehen.

Es geht um ein interkulturelles Fest in Zwickau. Seit November 2021 geplant und auf dem Hauptmarkt genehmigt, sollte es diesen Platz räumen zugunsten einer Querdenker-Demo. So entschieden vom Verwaltungsgericht Chemnitz. Begründung: Eine Demo hat Verfassungsrang, ein Fest nicht.

Vorsicht bei Gerichtsschelte. Aber hier machen die Juristen ein schwieriges Fass auf. Man denke weiter: Wenn ich den Weihnachtsmarkt behindern will, melde ich einfach für den 1. Dezember eine Demo auf dem Markt an. Oder wie wäre es mit einer Kundgebung auf dem Hartmannplatz während des Rummels? Jahr- und Weihnachtsmärkte haben auch keinen Verfassungsrang.

Die Entscheidung des Chemnitzer Gerichts stört nicht nur den Gerechtigkeitssinn, sondern auch den Vertrauenstatbestand. Wenn eine Genehmigung erteilt wurde, darf man die nicht ersetzen durch eine Genehmigung für etwas anderes. Sonst sind Behörden-Entscheidungen nicht mehr verlässlich.

Titelfoto: Ralph Kunz

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