Düngerpreise explodieren wegen Putins Krieg, doch Forscher in Sachsen haben die Lösung
Niederfrohna - Sachsens Bauern kämpfen mit hohen Dünger-Preisen, doch die Lösung könnte nah sein. Tüftler aus Niederfrohna (Landkreis Zwickau) haben ein Verfahren entwickelt, mit dem sie die Kläranlage zur Dünger-Quelle machen.
Durch den Ukraine-Krieg fehlt einerseits Dünger aus Osteuropa, andererseits ist die gas-intensive Produktion von künstlichem Dünger hierzulande teuer geworden, so Torsten Krawczyk (47), Präsident des Landesbauernverbandes.
"Noch verwenden wir Dünger aus dem vorigen Jahr. Doch die Ernte 2023 wird eine der teuersten überhaupt." Phosphor-Dünger kostete Anfang 2021 etwa 370 Euro pro Tonne, jetzt liegt der Preis bei rund 1000 Euro.
Eine Lösung könnte im beschaulichen Niederfrohna liegen. Wer dort aufs stille Örtchen geht, hilft, dass auf den Feldern das Getreide wächst. Wie das funktioniert? Das Klärwerk Niederfrohna trocknet den Klärschlamm, verkohlt ihn im Ofen bei bis zu 800 Grad Celsius. Übrig bleibt ein schwarzes Granulat.
Der Klärschlamm enthält anfangs allerlei Schadstoffe, etwa Schwermetalle - deswegen eignet er sich nicht als Dünger. Bei der Hitze-Behandlung verschwinden die Schadstoffe, erhalten bleibt vor allem der Phosphor. Der ist wichtiger Bestandteil von Dünger.
"Wir produzieren 200 Tonnen im Jahr", sagt Steffen Heinrich (57), Chef der Kläranlage. "Damit können wir Niederfrohna und die Kreisstadt Limbach-Oberfrohna versorgen."
Aufgrund der strengen EU-Richtlinien dürfe der Dünger nicht direkt auf die Felder. "Aber Bauern können damit Reststoffe in Dünger verwandeln, indem sie das Granulat zum Beispiel in ihre Pflanzenreste mischen."
Die Vision des Kläranlagen-Chefs: "So könnte jede Region selbst ihren Dünger herstellen. Früher hat man schließlich auch nicht alle Exkremente an einen Ort gefahren, um sie von dort wieder zu verteilen."
Das Experiment sorgt für Aufsehen, laut Heinrich gibt es schon Anfragen aus Bayern, Thüringen und Sachsen-Anhalt. Auch die Kläranlage im sächsischen Großenhain will die Technik einführen, wie Chefin Elisabeth Lorenz (58) sagt.
Die Tüftler haben auch kürzlich ein Buch veröffentlicht, "Vom Abfall zum Gartengold" (erschienen im Mironde Verlag, 128 Euro).
Bauernverband-Chef Krawczyk begrüßt die sächsische Innovation: "Jeder Dünger aus einer natürlichen Quelle ist sinnvoll - gerade in der jetzigen Lage."
Titelfoto: dpa/Philipp Schulze, Kristin Schmidt