Hilferuf nach Suizid eines Häftlings: Gefangene fordern mehr Knastpersonal

Zeithain/Dresden - Nach dem Suizid eines Mitgefangenen fordern 15 Inhaftierte in einem Brief Aufklärung. Sie prangern an, dass die Anstaltsleitung den Tod hätte verhindern können. Vor allem wollen sie aber auf die eklatante Personalnot aufmerksam machen.

Oliver Schmidt leitet die JVA in Zeithain.
Oliver Schmidt leitet die JVA in Zeithain.  © Christian Suhrbier

Der Mann habe öfter Probleme mit Mitgefangenen gehabt, sei vornehmlich als Opfer betrachtet worden. Deshalb sei er auf eigenen Wunsch in eine Einzelzelle verlegt worden.

Oliver Schmidt, Leiter der JVA: "Es waren keine Gründe bekannt, die gegen eine Einzelunterbringung sprachen." Dort habe sich der Gefangene an einem Freitagmittag erhängt.

Die Gefangenen monieren, dass man auf dieser Station aufgrund des Personalnotstandes kaum beobachtet würde. Manuel Matzke, Bundessprecher der Gefangenengewerkschaft, steht mit den Inhaftierten von Zeithain in engem Kontakt: "Auch wir wünschen, dass diese Zustände transparent werden."

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Demnach gebe es im Haus C drei Etagen für je 66 Inhaftierte - pro Schicht müsste es zwei Ansprechpartner auf der Etage geben. Matzke: "Meistens ist nur eine Person da, manchmal auch nur ein Auszubildender."

In Zeithain fällt vor allem der hohe Krankenstand unter den Mitarbeitern auf. Nach Angaben von Justizminister Sebastian Gemkow (41, CDU) sammelten die 121 Beamten im Jahr 2018 insgesamt 6 028 Krankheitstage an - knapp 50 pro Kopf.

Zum Vergleich: der Durchschnitts-Sachse ist zwanzig Tage im Jahr krank.

Hinter den Gittern der JVA Zeithain geschah ein Selbstmord. Die Gefangenen verlangen Aufklärung von der Anstaltsleitung.
Hinter den Gittern der JVA Zeithain geschah ein Selbstmord. Die Gefangenen verlangen Aufklärung von der Anstaltsleitung.  © Eric Münch

Außerdem nahm die Belegschaft knapp 7 000 Überstunden mit in den Juni und war zum Abbummeln angehalten. Gewerkschafter Matzke: "Es ist äußerst zweifelhaft, dass so der gesetzliche Auftrag der Resozialisierung umgesetzt werden kann."

Der Missstand, der in anderen Gefängnissen ähnlich ist, soll durch neues Personal behoben werden. Ministeriumssprecher Jörg Herold: "Die Ausbildungskapazitäten wurden bereits von 20 auf 60 Anwärter im Jahr erhöht, ab kommenden Jahr sollen 80 jährlich ihre Ausbildung im allgemeinen Justizvollzugsdienst beginnen."

Außerdem wurden im aktuellen Haushalt 208 zusätzliche Stellen geschaffen.

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Seit dem Selbstmord des Terroristen Al-Bakr (Oktober 2016) ist man in Sachsen recht sensibel geworden. Alle Bediensteten, die unmittelbar mit Gefangenen arbeiten, müssen einmal im Jahr zur Schulung in Suizidprävention.

Seit diesem Jahr wird auch schrittweise ein Fragebogen eingeführt, um Gefangene besser einschätzen zu können. Gab es 2016 und 2017 jeweils vier Suizide in Sachsens Gefängnissen, war es 2018 einer. Der aktuelle Fall ist der bisher einzige in 2019.

Titelfoto: Eric Münch, Christian Suhrbier

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