Wo Karls Erdbeerhof entstehen soll: Steinzeitdorf auf dem Acker verzückt Archäologen
Döbeln - Wer denkt mitten im feuchtkalten sächsischen Winter schon an Erdbeeren? Die Mitarbeiter des Landesamtes für Archäologie tun es. Und zwar vor den Toren Döbelns. Ab dem Frühjahr soll dort "Karls Erlebnisdorf" entstehen. Tatsächlich stand genau dort schon mal ein Dorf - und zwar vor über 5000 Jahren!
Mausgrau oder schlammbraun: Nach einer Sensation sehen die Keramikscherben, die Grabungsleiter Thomas Lukas (34) in der Hand hält, nicht aus. Trotzdem ist er aufgeregt. "Allein wegen der schieren Größe", wie er sagt. Nicht der Scherben, sondern der Siedlung, aus der sie stammen. Gemeinsam mit seinem Team hat der Archäologe ganz in der Nähe der A4 eine zirka zehn Hektar große Fläche dokumentiert.
"Ein mehrphasiges Siedlungsareal aus der Linienbandkeramik und Stichbandkeramik. In absoluten Zahlen: 5500 bis zirka 4500 vor Christus", erklärt Cornelia Rupp (57) vom Sächsischen Landesamt für Archäologie.
Benannt sind die Epochen nach den Verzierungen auf den Scherben.
Ein bisschen mehr ist von den "alten Sachsen" schon erhalten. Lukas hat neben den wenigen Funden vor allem Gruben entdeckt, insgesamt rund 1200. Mehrere Dutzend fallen durch ihre Größe auf.
"Hausgrundrisse", sagt Lukas. Soweit, so erwartbar. Siedlungen oder Bestattungsplätze aus der Jungsteinzeit sind typisch für die Region.
Voraussichtlich ab Ostern 2023 soll Karls Erlebnisdorf in Döbeln besucht werden können
"Spektakulär sind die Funde aus dem Mesolithikum", so Lukas, also der Mittelsteinzeit (etwa ab 10.000 v.Chr.) und damit aus der Zeit der Jäger und Sammler. Steingeräte und Abschläge von Feuersteinknollen gehören dazu.
"Das ist für die Region ziemlich selten", sagt der Grabungsleiter, der die Untersuchungen noch bis ins nächste Jahr weiterführen, aber der "Sache" nicht auf den Grund gehen wird. Wirklich tief gegraben wird nämlich nur an ausgewählten Stellen.
Grund dafür ist ein weiteres Dorf - Karls Erlebnisdorf. Für den Freizeitpark, der ganz unter dem Motto "Erdbeeren" steht, sind tiefe Schachtungen nicht erforderlich.
Für die Archäologen bedeutet das: Mutterboden abziehen, die sichtbaren Befunde dokumentieren und alles mit einem Geoflies abdecken. Alle weiteren Forschungen bleiben künftigen Generationen vorbehalten.
Wesentlich früher dürfen Abenteuerlustige "Karls" entdecken - voraussichtlich ab Ostern 2023.
Titelfoto: Norbert Neumann