Willkommen zurück! Diese seltenen Arten feiern in Sachsen ihr Comeback

Dresden - Luchse, Lachse, Flussperlmuscheln, Wanderfalken und Würfelnattern: Diese Arten feiern in Sachsen ihr Comeback dank geglückter Initiativen von Naturschützern und Behörden zu ihrer Wiederansiedlung. Diese aufwendige Art Artenschutz hilft Mutter Natur, Leerstellen zu füllen, die es ohne den Menschen wohl nicht gäbe. Eine Bestandsaufnahme von Projekten, Populationen sowie Problemen und Rückschlägen.

Luchs

Mit der Auswilderung von Karpatenluchsen leistet Sachsen einen Beitrag zum Erhalt des gefährdeten Beutegreifers.  © IMAGO/Ralf Kistowsk

Auf leisen Sohlen nähert Nova sich Jena. Das Pinselohr sucht in Thüringen einen Partner. Die Luchsin hat weite Wege hinter sich. Ursprünglich stammt sie aus dem Schweizer Jura.

Mitte März 2024 wilderte man sie im Westerzgebirge bei Eibenstock aus. Seit dem 27. Dezember ist sie auf Wanderschaft und legte insgesamt gut 150 Kilometer zurück - inklusive Überquerungen der Autobahnen 72, 9 und 4.

"Nova beweist damit, dass auch weibliche Luchse zu weiten Wanderungen aufbrechen können und dass es so möglicherweise gelingen kann, die Trittsteinpopulationen in Sachsen, Thüringen und im Bayerischen Fichtelgebirge miteinander zu vernetzen", erklärt die Biologin Catriona Blum-Rerat (43), die das Projekt "RELynx Sachsen" wissenschaftlich begleitet.

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RELynx läuft seit September 2022. Seine Gesamtkosten beziffert das Umweltministerium mit rund 1,8 Millionen Euro.

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Im August 2024 trug der damalige Umweltminister Sachsens Wolfram Günther (51, Grüne, l.) die Transportkiste mit dem Luchsmännchen Anton zur Auswilderung.  © dpa/Hendrik Schmidt
Die Raubkatze sprintete anschließend aus der Box in den Wald.  © dpa/Hendrik Schmidt

Projekt musste Rückschläge hinnehmen

Catriona Blum-Rèrat (43).  © Thomas Türpe

Insgesamt fünf Luchse (Wildfänge und Zucht-Tiere) siedelte man bisher im Freistaat an. Angestrebt wird, ein stabiles Vorkommen der eleganten Raubkatzen im Freistaat wieder zu etablieren. Bis 2027 sollen insgesamt rund 20 Karpatenluchse im Erz- und im Elbsandsteingebirge ausgesetzt werden.

Blum-Rerat: "Man verbindet damit die Hoffnung, dass das sächsische Vorkommen mittelfristig als Bindeglied zwischen den natürlichen Beständen in den Karpaten und den bislang isolierten Vorkommen im Böhmerwald, in Nordostbayern und im Harz fungiert."

Das Projekt musste bereits Rückschläge hinnehmen: Luchs Anton starb am 8. November 2024 nahe Schöneck beim Überqueren einer Straße. Ein Lkw hatte ihn erfasst. Novas Abwanderung ist für das sächsische Auswilderungsprojekt bedauerlich.

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Gleichzeitig stellt sie eine Chance dar. Sollte Nova in Thüringen ein geschlechtsreifes Männchen (Fachbegriff: Kuder) treffen, könnte es im Frühjahr Nachwuchs zur geben. Catriona Blum-Rerat: "Für die Luchse in Mitteldeutschland wäre das ein Gewinn."

Lachs

Der Lachs ist zurück, ob er bleibt aber ungewiss.  © Imago/Blickwinkel

Der Lachs gilt vielen als König der Fische. Bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts gehörte der Lachsfang zu den einträglichsten Zweigen der Elbfischerei von Hamburg bis Prag.

Doch Überfischung, Wasserverschmutzung, der Elbausbau für die Binnenschifffahrtsstraße und versperrte Zugänge zu den Laichplätzen durch Wehre und Wasserkraftanlagen sorgten dafür, dass ab 1815 die Fänge drastisch abnahmen. 1950 galt der ursprüngliche Elblachs als ausgestorben.

Das sächsische Programm zur Wiederansiedlung des Atlantischen Lachses begann mit dem ersten Besatz schwedischer und irischer Lachsbrütlinge in der Polenz 1995. Inzwischen sind weit über 1000 Laichfische nach Sachsen zurückgekehrt. Zur natürlichen Reproduktion des Bestandes reicht das allerdings längst nicht.

Der Besatz ist vorerst weiter im gesamten Elbeeinzugsgebiet nötig, soll die Art hier erhalten bleiben. Sachsen koordiniert heute das Programm "Salmo albis", das die Bemühungen rund um den Lachs im gesamten Elbeeinzugsgebiet koordiniert.

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Flussperlmuschel

Ein Mitarbeiter der Aufzuchtstation in Bad Brambach hält markierte Flussperlmuscheln vor ihre Auswilderung in der Hand.  © dpa/Jan Woitas

Vor Hunderten von Jahren bildete die Flussperlmuschel riesige Muschelbänke in den Bächen und Flüssen des Vogtlandes. Die Art bezeugte damit die Reinheit der Gewässer.

In Sachsen steht die Weichtierart heute vorm Aussterben. Aber es gibt Hoffnung für sie und damit ganze Ökosysteme.

Im Flussperlmuschel-Projekt "Mara" kooperieren deutschlandweit Partner, welche die Muschel vermehren, aussetzen und ihre Lebensräume renaturieren.

Die sächsische Landesstiftung Natur und Umwelt leistet mit einer Zuchtstation dort einen substanziellen Beitrag.

Tipp: Die Flussperlmuschel wird zum Wander-Erlebnis auf einem Lehrpfad von Bad Elster nach Dorf Raun (insgesamt 1,9 km).

Würfelnatter

Würfelnattern schwimmen wieder in der Nähe von Meißen.  © imago/imagebroker

Die ungiftige Würfelnatter galt Mitte des 19. Jahrhunderts an der Elbe bei Meißen als ausgestorben.

Um die extrem seltene Wasserschlange wieder anzusiedeln, wurden 1999 und 2000 vor Ort insgesamt 150 nachgezüchtete tschechische Würfelnattern ausgesetzt.

Das Jahrhunderthochwasser 2002 überlebten allerdings nur wenige dieser Tiere. Heute bevölkert eine kleine Population der stark gefährdeten Wirbeltiere den rechtselbischen Prallhang unterhalb der Porzellanstadt.

Das Vorkommen wird systematisch überwacht. Die Gesundheit der Nattern ist eng verknüpft mit der Wassergüte der Elbe sowie den Wiesen am Fluss.

Die Schlangen ernähren sich von Fischen. An Land kommen sie nur zum Sonnen, zur Paarung und Eiablage sowie zur Überwinterung.

Wolf

Die Wölfe machen Sachsen schon seit einiger Zeit wieder unsicher.  © dpa/Torsten Beuster/ LfULG

Und was ist mit dem Wolf?

Es ist eine Mär, dass das Raubtier in Sachsen wieder angesiedelt wurde. Tatsächlich wurde der "letzte" Wolf Deutschlands 1904 in Hoyerswerda erschossen.

Bereits nach 1945 tauchten einzelne polnische Wölfe auf der Suche nach einem Revier wieder in Deutschland auf. Da man auf sie Jagd machte, wurden sie nicht sesshaft.

Erst nachdem der Wolf 1990 im wiedervereinten Deutschland unter Schutz gestellt wurde, hatte er hier wieder eine Chance, sich dauerhaft anzusiedeln.

So gelang es 2000 einem aus Polen zugewanderten Wolfspaar in Sachsen, erstmals wieder Welpen in freier Wildbahn großzuziehen. Aktuell hat man im Freistaat 37 Rudel und sechs Paare nachgewiesen.

Wanderfalke

Der Wanderfalke ist zurück nach Sachsen "gewandert".  © Imago/Blickwinkel

Der massive Einsatz von Chemie in der DDR-Landwirtschaft machte dem Wanderfalken in den 1960er-Jahren den Garaus. Seit 1972 galt der majestätische Vogel in Sachsen als ausgestorben.

Nach seiner erfolgreichen Wiederansiedlung 1989 bis 1996 in der Sächsischen Schweiz bemühen sich die Nationalpark-Ranger gemeinsam mit Bergsportlern, -freunden und Naturschützern um den Fortbestand der majestätischen Vögel.

So werden in der Brutzeit die Horste der Falken bewacht und Gipfelsperrungen angeordnet, um die äußerst lärmempfindlichen Vögel zu schützen.

Denn tatsächlich stellen heute nicht Umweltgifte, sondern die Aktivitäten der Menschen im Gebirge die größte Gefahr für die Wanderfalken dar.

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