Grundsteuer explodiert - das ruft "Rebellen" auf den Plan
Moritzburg - Das Thema "Grundsteuerreform" erzürnt mindestens 327.163 Sachsen gewaltig. Sie erhoben Einspruch gegen die Steuerbescheide des Finanzamts. Zentrum des Widerstands ist Moritzburg.
Im Jahr 2019 beschloss der Bundestag eine Reform der Grundsteuer, in der Folge wurden allein im Freistaat über 1,7 Millionen Einheiten nach pauschalen Regeln neu bewertet, 222 Verwaltungsmitarbeiter temporär zusätzlich angestellt.
Doch Tausende Sachsen finden die neuen Bescheide ungerecht - bis zum 31. Mai gingen 327.163 Einsprüche ein, wie das Sächsische Finanzministerium (SMF) auf AfD-Anfrage mitteilte.
Im Dresdner Umland ist der Widerstand koordiniert: Hier schlossen sich über 30 Eigentümer in der Bürgerinitiative "Moritzburger Grundsteuerrebellen" zusammen, schrieben bereits im Januar an MP Kretschmer (49, CDU): "Bei all unseren neu bewerteten Grundstücken ist eine Besonderheit gleich. Der Bodenrichtwert spiegelt nicht den aktuellen Verkehrswert wider, da er nicht den tatsächlichen Planungsstand und somit Art der Nutzung des Grundstücks abbildet."
Ihr Vorschlag: Grundstücke, deren Bewertung stark abweicht, sollen gefiltert und von den Behörden individuell bewertet werden.
Viele Sachsen sind betroffen
Initiator Torsten Küllig (55) ist selbst von der Neubewertung seines Grundstücks in bester Lage in Moritzburg betroffen, das er vor einigen Jahren für 33.000 Euro dem Freistaat abkaufte.
Nun wird es mit rund 850.000 Euro bewertet, sollen 2500 statt 40 Euro jährlich fällig werden. "So viel würde niemand für Gartenland bezahlen. Das grenzt an Enteignung."
In Radebeul hat Eigentümerin Monika Bucsis (72) Ärger mit ihrem Grundstück - idyllische Weinberglage, traumhafter Blick. Der Haken: "Rund 1000 Quadratmeter sind Hanglage, unbebaubar."
Trotzdem soll der Bodenwert je Quadratmeter plötzlich nicht mehr einen, sondern 470 Euro betragen. Und auch Klaus Scholze (80) aus Riesa, dessen Grundsteuerwert um das 1700-fache steigen soll, erhob Einspruch gegen seinen Bescheid.
"Dass in Sachsen keine faire Wertermittlung möglich ist, entsetzt mich", sagt Küllig. Einziger Lichtblick für ihn und seine Mitstreiter: ein Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder, wonach Finanzämter Einsprüche vorerst ruhen lassen sollen. "Damit wird die Bestandskraft der entsprechenden Bescheide gehemmt", schreibt das SMF.
Viele Unzufriedene hoffen weiterhin auf ein mögliches Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts. Vertrauen in die sächsische Finanzverwaltung haben sie nicht mehr.
Titelfoto: Thomas Türpe