Wenn Bauschutt schützt: Sächsische Deponie wird zur Brutstätte seltener Vögel
Delitzsch - Artenschutz kurios! Ausgerechnet die nordsächsische Deponie eines Entsorgungsbetriebes haben sich seltene und vom Aussterben bedrohte Zugvögel als Brutstätte ausgesucht. Die Naturschutzbehörde ist begeistert und hat mit dem Betreiber einen Deal geschlossen, damit die Piepmätze in Ruhe brüten können.
Laster liefern im Halbstundentakt Bauschutt und Erdaushub an, Planierraupen schieben das Material anschließend in den Erdlagerstätten breit - Alltag auf der Deponie Zwochau der Mitteldeutschen Umwelt- und Entsorgungs GmbH (MUEG).
Deren exponierte Lage in einer als Naturschutzgebiet ausgewiesenen Tagebaufolgelandschaft südlich des Werbeliner Sees zieht neuerdings seltene Gäste an.
Steinschmätzer und Brachpieper - zwei auf der roten Liste der vom Aussterben bedrohten Tierarten stehende Zugvögel - haben sich hier niedergelassen, wie das Landratsamt Nordsachsen jetzt freudig verkündete.
Es handele sich bei diesen Arten um "Rohbodenpioniere", die in vegetationsarmen Offenlandschaften leben und ihre Nester auf großräumigen Sand- und Kiesflächen anlegen, erklärt Umweltdezernent Eckhard Rexroth. Solche Pionierstandorte seien selten.
Umweltdezernent Rexroth: "Freilaufende Hunde oder lärmende Besucher machen den Tieren mehr zu schaffen"
"Mit dem Unternehmen wurde daher abgestimmt, dass immer nur auf einem Teil der Flächen bestimmte Erdstoffe und Bauschutt angefahren und abgelagert werden, während alle anderen Bereiche bis zur nächsten Saison unberührt bleiben - dadurch entsteht genügend Platz und Ruhe für die Brutstätten", berichtet Rexroth.
Auch andere störungsempfindliche Arten würden nun das Betriebsgelände als Rückzugsort dankbar annehmen.
Doch wirkt Lkw- und Maschinenlärm nicht störend? "Freilaufende Hunde oder lärmende Besucher abseits der vorgeschriebenen Wege im Naturschutzgebiet machen den Tieren jedenfalls mehr zu schaffen als die Betriebsgeräusche auf einem Teil des nicht öffentlich zugänglichen MUEG-Areals", erklärt Umweltdezernent Rexroth.
Das Beispiel der Brutgäste würde zeigen, dass sich Deponie und Naturschutz nicht ausschließen.
Titelfoto: Montage: Silvio Bürger, Sebastian Kahnert/dpa