Weil die Plage immer größer wird: Jäger aus Holland erlegen Waschbären in Sachsen
Moritzburg - Japan erklärte sie zum Staatsfeind. Auch Deutschland hat ihnen den Kampf angesagt. Weil sich Waschbären hierzulande stetig vermehren, schlagen Behörden, Naturschützer und Jäger Alarm. Und selbst Jäger aus Holland blasen zur Waschbären-Jagd in Sachsen.
Der Landesjagdverband berichtet, dass die tierischen Einwanderer aus Nordamerika inzwischen flächendeckend vorkommen. Die Allesfresser mit der Zorro-Maske haben hier keine natürlichen Feinde und Nahrung im Überfluss.
Sie leben im Wald, Stadt und Land oder auf Mülldeponien. Wo die Art auftaucht, macht sie Probleme: Die Kleinbären plündern Vogelnester, fressen Fische und Muscheln, zerstören als "Hausbesetzer" Gebäude, klauen Trauben in Weinbergen.
"Massive Probleme mit dem Waschbären bestehen in und um Moritzburg, im Gebiet der Leipziger Neuseenlandschaft, im Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft", berichtet Mathias Rehm vom Landesjagdverband Sachsen.
"Der Waschbär stellt eine nicht zu unterschätzende Gefahr für den Natur- und Artenschutz dar", so Rehm.
Töten der Wildtiere ist nur Jagdschein-Besitzern erlaubt
Die EU fordert von ihren Mitgliedsstaaten das Eindämmen der Art. Waschbär-Mensch-Konflikte beschäftigen beständig Behörden.
"Die Untere Jagdbehörde erhält täglich Anfragen von Bürgern, was da rechtlich zu tun ist", erklärt die Sprecherin vom Landkreis Leipzig.
Laut sächsischem Jagdgesetz können Eigentümer oder Nutzungsberechtigte eines Grundstücks jederzeit Waschbären fangen und sich aneignen. Zum Fangen sind ausschließlich Lebendfallen erlaubt.
Töten darf das gefangene Wildtier nur, wer die erforderliche Sachkunde - sprich einen Jagdschein - hat.
Rehm: "Die Jahresstrecken der letzten drei Jagdjahre bewegen sich in Sachsen auf konstant hohem Niveau mit steigender Tendenz." 2022/23 wurden insgesamt 18.801 Tiere erlegt.
Eventuell könnte der Jagddruck auf die Tiere bald mächtig steigen: Grünröcke aus Holland und Österreich entdecken die Oberlausitz als Jagdrevier. Sie reisen aus der Ferne an, um dort Waschbären zu erlegen und als Trophäe mit heimzunehmen.
Fleischer macht aus dem Waschbär Wurst
Delikatesse Waschbär? Wildfleischer Michael Reiß (45) aus Kade (Jerichower Land, Sachsen-Anhalt) vermarktet das Fleisch des Raubtieres als Wurst und Bouletten. Binnen Jahresfrist stieg Reiß damit zur lokalen Berühmtheit auf. Was denken Genusshandwerker in Sachsen über solche Spezialitäten?
"Ich habe die Berichte über die Waschbären-Wurst gelesen", sagt Fleischermeister Christoph Schempp (33) aus Tauscha-Anbau (Thiendorf). Als Wildfleischer kennt er sich bestens mit Rot- und Schwarzwild, Hase und Geflügel aus.
Auf die Idee, Waschbär zu verarbeiten, kam er bislang nicht. "Waschbären sind Allesfresser. In meinen Augen ist ihr Fleisch ein unsicheres Produkt. Bei der Verarbeitung sind darum besondere Hygienevorschriften einzuhalten."
Er denkt dabei vor allem an die sogenannte Trichinenschau (Teil der amtlichen Schlachttier- und Fleischuntersuchung). Was den Geschmack von Waschbären-Fleisch betrifft, ist der Fleischsommelier ratlos. "Ich weiß nicht, wie das schmeckt. Ich würde es aber zumindest mal probieren."
Schempp ist unschlüssig, ob er selber Waschbär verarbeiten möchte. "Ich mache mich erstmal beim Veterinäramt schlau, was die Hygiene-Auflagen betrifft."
Titelfoto: Imago