Wegen Stasi-Vergangenheit: Zwei sächsische Kreisräte sollen zurücktreten
Meißen - Politiker mit Stasi-Vergangenheit - das erregt auch mehr als 30 Jahre nach der Wende die Gemüter. Im Meißner Kreistag werden jetzt offenbar zwei Mandatsträger von ihrer DDR-Vergangenheit eingeholt. In seiner Sitzung am kommenden Donnerstag soll der Kreistag über eine "Missbilligung" von zwei Mitgliedern befinden - inklusive der Aufforderung, ihr Amt niederzulegen.
Vorausgegangen war eine systematische Überprüfung von 60 der 86 Kreisräte durch einen eigenen Bewertungsausschuss.
Zehn der Betroffenen unterließen die freiwillige Abgabe ihrer Daten und wurden daraufhin noch mal genauer unter die Lupe genommen.
Das Ergebnis: Die Kreisräte Detlev Spangenberg (78, AfD) und Reinhard Heinrich (68, Linke) waren nach Ansicht des Bewertungsausschusses so eng mit der Stasi verstrickt, dass das Gremium dem Kreistag empfiehlt, eine "Missbilligung" auszusprechen.
Desweiteren soll der Kreistag die beiden Mandatsträger auffordern, ihr Amt "aus wichtigem Grund" niederzulegen.
Detlev Spangenberg (AfD) reagiert nicht, Reinhard Heinrich (Linke) überrascht
Die Stasi-Vergangenheit von Spangenberg (bis 2017 auch Landtagsmitglied) ist spätestens seit Medienberichten im Jahre 2016 öffentlich bekannt.
Während seiner NVA-Zeit hatte er als IM "Bruno" Berichte über seine Kameraden verfasst.
Spangenberg fiel später bei der Stasi dennoch in Ungnade, kam wegen versuchter Republikflucht sogar ins Gefängnis.
Eine Anfrage von TAG24 bei Spangenberg blieb bis Freitagabend unbeantwortet.
Überraschend dagegen der Befund zu Kreisrat Heinrich. Bislang war von einer Stasi-Tätigkeit des Coswigers öffentlich nichts bekannt.
"Horch und Guck" - wenn jeder jeden beobachtet
Einmal mehr heißt es: Die alten Akten sind brandaktuell
Reinhard Heinrich äußert sich zu Vorwürfen
TAG24 gegenüber räumte Heinrich am gestrigen Freitagabend ein, eine Verpflichtungserklärung fürs MfS unterschrieben zu haben.
Er sei zu DDR-Zeiten Lehrausbilder beim Schreibmaschinenwerk in Dresden gewesen, habe später eine Blitzkarriere bei der SED hingelegt:
"Ich war dort zum Probearbeiten und wäre lieber drei Jahre beim MfS geblieben, als drei Jahre bei der NVA zu verbringen."
Aus seiner Stasi-Karriere wurde jedoch nichts, weil er - so seine Version - in "literarischen Kreisen" verkehrt habe. An aktive Berichte könne er sich nicht erinnern.
Entscheidung folgt kommenden Donnerstag
Ob die Kreisräte der Empfehlung des Bewertungsausschusses folgen werden, wird sich kommenden Donnerstag zeigen.
Dann tagt der Kreistag in nichtöffentlicher Sitzung.
Landrat Ralf Hänsel (53, CDU) bestätigte den Vorgang TAG24 gegenüber zumindest indirekt.
Über sein Büro ließ er ausrichten: "Es ist doch verwunderlich, dass Ihnen der Bericht vorliegt ..."
Titelfoto: Holm Helis